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Fragekasten.
mittel. S. 138. — II. Prahn: Glaube und Brauch in der Mark Brandenburg. S. 178. — E. Friedei: Vom GHickstopf oder Gltickshafen. S. 446.
II. Jahrgang, Berlin 1892. W. Schwartz: Die Wünschelruthc als Quellen- oder Schatzsucher. S. 67. — H. Prahn: Der Hausgeist in der Neumark, in Barnim und im Sternberger Lande. S. 78. — Ernst Friedei: Der Zwiesel-Baum. S. 81. — W. S chwartz: Gegen Bücherdiebe. S. 8:7. — R obert Mielke: Zur Giebelentwickelung des sächsischen Bauernhauses. S. 134.
E. Friedei.
Fragekasten.
Zu Fragekasten S. 141/42 „Muckebold“:
1. Nicht „Muckel“ wohl aber „ Hucke! “ hörte ich in meinen Kinderjahren im Kreise Königsberg (Neumark) die Kröte bezeichnen. Diese Bezeichnung war der zusammengekauerten Stellung entnommen, welche Kröten für gewöhnlich einzunehmen pflegen. Das Volk sagt von denselben: „sie hucken = hocken = sitzen da wie ein Klümpchen Unglück“. Ist Herrn Prof. Schwartz oder dessen Referenten vielleicht eine akustische Täuschung untergelaufen, eine Gehörverwechselung von H und M?
Kröten gelten dem Aberglauben als Hexen, mithin als unrein. Im gleichen Sinne gelten Schwein sowohl wie Kaninchen — vielleicht in Rücksicht auf die Bestimmungen des mosaischen Gesetzes — für Repräsentanten der unreinen Sinnlichkeit. In der Neumark bezeichnet man „Schwein“ — mitunter auch „Kaninchen“, Karnickel, durch das Wort „Kreture“; dieselbe Bezeichnung wird auf moralisch unsaubere Frauenzimmer angewandt, welche ab und zu die Benennung „Nickel“ erhalten (vielleicht zugleich ein Anklang an Nuckel = Sauschwein). Von hier aus lässt sich leicht die Gedankenverbindung nach pvvrt; = „Kröte“ im moralischen Sinne der Griechen und Römer ziehen.
2. „Muckebold“ ist durchaus kein harmloses Schimpfwort, wurde früher—jetzt is— t solche Unterscheidung freilich vermischt und vergessen nicht auf Knaben sondern auf Mädchen in der Volkssprache angewandt und bedeutete derselben ein liederliches Herumtreiberweibstück, für welches der Volksausdruck noch heute lautet „eine Flieg e“. Diese Parallelisirung der Bezeichnungen „Muckebold“ und „Fliege“ weist zurück auf einen slavischen Doppelstamm, nämlich „Myxa“ (Mucha) und (tayjnnin (bludnik) bez. 6AyAH»ä a Fliege = Hure.
In der russischen Sprache ist ausserdem noch das Wort „MyxafayA’ 1, (muchablud) = „Tagedieb“, „Nichtsnutz“, „Herumtreiber“ vorhanden, ein beachtenswertes Parallelstück.
Das ehemalige üble Schimpfwort, dessen Bedeutung zugleich mit der Erinnerung an das Slaventum unserer Heimat nachgerade vergessen ist, wird jetzt allenthalben als Zärtlichkeitsruf für kleine Mädchen gebraucht. Es ergeht ihm ebenso wie es den in gleichem Range stehenden Bezeichnungen frii kleine Kinder in deutschen Ausdrücken „Zeitversäumer“, „Gaudieb“, „Sp ltz ‘ bube“, „Hallunke“ ergeht. E. Handtmann.
Für die Redaktion: Dr Eduard Zacke, Demminerstrasse 64. — Pie E insender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.
Druck von P. Stankiewicz' Buchdruekerei, Berlin, Bemburgerstrasse 14.