Heft 
(1893) 2
Seite
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Per Si«rec\viild uml seine Bewohner.

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cingorückt. sein. I >ie < iesehielite verkündet nichts darüber, lui Allgemeinen nimmt jnan an, dieses Vorgehen sei ein ganz ruhiges, friedliches gewesen. Darnach musst«» Deutschland vollkommen verlassen sein von seinen früheren Bewohnern. Doch das erscheint wenig glaublich, auch sprechen vereinzelte Thaisachen dagegen. Xorddeutschland mit seinen damals unvergleichlich schönen alten Wählern, seinen grünenden Wiesen, seinen blumenreiclien Auen und Angern, seinen Seen und Flüssen, seiner Fülle der kostbarsten Fische,. seinem Beichtum an Wild und Bienen in den Wäldern, das sollten seine ständigen Bewohner verlassen haben bis auf den letzten Mann, die Viehzucht und Ackerbau trieben, Häuser hatten ähnlich wie heute noch bei uns in manchen Gegenden, dieses Band so reich an Wahl, an dem die Alten mit der ganzen Tiefe ihres Gemüts hingen, wie uns der Glaube der Deutschen uml ihre gottesdienstlichen Einrichtungen immer und überall zeigen? Das glaube, wer kann. Den Kölnern freilich war Deutschland eine terra nelmlosa, ein Xehclhuid. Doch unsere Landschaftsmaler würden ungern die Wolkcubiblungen unseres Himmels und sein gebrochenes Licht missen, und der Maler mit. seiner tieferen Xatiirempfmdung steht dem Altertum nahe. Di«» Römer als Herren der alten Welt sahen voller Dünkel und Geringschätzung auf jedes andere Volkstum herah. Alle anderen Völker galten ihnen von ihrem ein­seitigen Standpunkte aus als Barbaren. Man sollte dieses Wort, von ihnen cingefülirt bei uns durch die klassische Philologie, der Verächterin heimischen Altertums, richtiger verwenden. Sonst müsste man auch viele unserer Bergbewohner noch Barbaren nennen, deren,Gesittung doch hoch steht über der der meisten Körner der alten Zeit. Denn man darf nicht die iiusserliclie Kultnrcntwickclung ganz einseitig zum Massstab der allgemeinen Beurteilung eines Volkes nehmen. Das steht dann immer einer Verurteilung gleich. Auch hier soll es heissen: gleiches Hecht für Alle, Was müsste das heutige Deutschland für ein traurigesbar­barisches Land sein, wenn <lie Vorstellungen mancher Franzosen noch dieses Jahrhunderts und ihre vorurteilsvolle Beurteilung richtig wären. Man sollte endlich aus diesemScliolasticismus heraustreten in das grosse Meer der Völkerkunde.

Dass die ersten Jahrhunderte der slnvischen Herrschaft in Xord­deutschland ohne allen Krieg waren, in ewigem Frieden dahingingen, wie in einem goldnen Zeitalter, von dem nur die Sagen wissen, das erscheint auch unglaublich. Alle Völker in Europa haben damals in Fehde gelebt, und mir diese Yölkerstämme sollen eine Ausnahme gemacht haben! Man muss solche Fragen vom Standpunkte der Volkskunde aus beantworten, vom Standpunkte des allgemeinen slavischon Volkstums. Mo in der \\eltgesehiehte slavische Völker selbstständig und machtvoll waren, da waren sie, zumal bei ihrem lebhaften Volksbewusstsein, auch kriegerisch, damals eine naturgemässo Folge des Kraftbewusstseins, und