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Bericht tlher die 1"> Arbeit«-) Sitzung des II, Vereinsjalires.
der Nacht vom 16. zum 17. Januar <1. J. auf Veranlassung des Vorsitzenden der Park-Deputation entfernt werden musste, weil sie innerlich durch und durch morsch nach bestimmter Aussage der zuständigen Sachverständigen gefahrdrohend geworden war. Herr Weiss schätzt das Alter auf 400 Jahr, was Herrn Friedei zu hoch erscheint: Der Baum galt als der dickste von Berlin; nach Weiss’ Messung in der Zeitschrift „Bär“ Bd. XX Nr. 9 S. 109 hatte er 2,5 m Durchmesser und 7 m Umfang über der Erde und in 5 m Höhe noch 1,40 m Umfang.
Der 1. Beisitzer Dr. Bolle, bemerkt hierzu folgendes:
Das Ende der letzten von Berlin’s alten Weiden.
Profanes, respectex ces tronc* rÄli^ioax;
Et qnand PAge leur leime unetige robuste,
Oardex-votis d’sttenter k lear vieiHesxo Auguste.
Wieder Einer weniger von den wenigen noch Vorhandenen! Sehr Viele in Berlin werden die riesige Weide gekannt haben, die sich unfern des Kanals am Kreuzungspunkt des Schöneberger Ufers mit der Flottwellstrasse an der Stelle erhob, wo früher das Karlsbad blind endete. Dieser in mehr als einer Hinsicht denkwürdige Baum hat aufgehört zu sein. Derselbe ist im Aufträge der städtischen Gartenverwaltung in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar d. .1., nach vorangegangener Kappung seiner Äste, durch die Feuerwehr gefällt worden.
Der städtische Obergärtner Herr Weiss hat die Fällung geleitet und das Personal dazu gestellt. Abgesehen von Furcht vor der Möglichkeit einer Gefährdung menschlichen Bebens, die, von dem Sturz eines so gewaltigen und hohen Stammes unzertrennlich scheint, hätten unsere Nerven uns nicht erlaubt, der Execution trocknen Auges beizuwohnen.
Die Beichshauptstadt, obwohl zur Stunde durch Neuptlanznng vielleicht baumreicher als früher, besitzt dennoch nur wenig mehr von jenem Baumschmuck, welcher sie einstmals zu einer Gartenstadt ersten Ranges gemacht hatte. Es wird mehr als eines Jahrhunderts bedürfen, um etwas «lern Früheren Ähnliches, unter ungünstiger gewordenen Wachstumsverhältnissen, wiederherzustellen. Muss es da nicht jeden eingeborenen Baumfreund wie mit einem schmerzlich empfundenen Schlage durchzucken, wenn das Gekraeh eines stürzenden Uiesenstamines an sein Ohr schlägt? Empfindet er dann nicht peinlich, dass wiederum ein Stück altberliner Bebens ihm verloren gegangen sei.
Die Alten glaubten dem von frevler Hand vernichteten Baum Blut entquellen zu sehen. Nicht die Dryade ist es, die jetzt dabei blutet, wohl aber bluten oftmals die Herzen derer, welche ihre alten Bieblinge unerwartet verschwinden sehen, diese Urbäume an die sich für das feinere Gefühl die schwer zu vermissende Kette vieljähriger Erinnerungen anschloss.