Heft 
(1893) 2
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Bericht tttier riie 15- (8. Arbeits-) Sitzung des II. Vereinsjahres.

Es genügt, allen Anderen voran, den unsterblichen I lichter von Paul und Virginie, Bernardin de St. Pierre, zu nennen, der vor mehr als einem Jahrhundert den ragenden Weiden unserer Spreeborde warme Worte der Bewunderung gewidmet hat. Es kann nicht schaden, jene vater­ländische Leuchte der Geologie, Leopold von Buch, zu citieren, der, als es galt, die Olivenpracht einer canarischen Insel zu schildern, keinen glücklicheren Vergleich zu wählen wusste als «len ihm vertrauter Stralauer Weiden.

Das vorige Jahrhundert hindurch verdiente nnser Weidendamm, jetzt baumlos, seinen Namen mit Hecht weil er, als vielbesuchte Lieblings­promenade der «lainaligen Berliner Gesellschaft, in der Tliat im Schatten gigantischer Weidenbänme am Strome hin verlief.

Schwache Spuren dieses einst fashionalden Baumgangs, unter welchem ihrerzeit alle Grössen unserer aufblühenden Vaterstadt gewandelt sind, verschwanden erst vor Kurzem. Noch 1885 standen am Quai flussabwärts vom alten L'nterbaum, der jetzigen Kronprinzenbriicke, 18 Weiden wahrhaft ungeheurer Grösse. Diese waren 1887 bereits auf vier zusammengeschrumpft: wenig später verschwanden auch diese letzten. Ohne Ausnahme waren sie überstäudig gewesen, allein sich mit der Lücke, die sie hintcrliesseii, zu befreunden, hat doch eine gute Weile in Anspruch genommen.

Wir verkennen die schwierige Lage unserer städtischen Garten- verwaltung, solchen Eventualitäten gegenüber, bei denen es sich um Masstvgeln für die öffentliche Sicherheit hamlelt, keineswegs. Immer werden, wo ein Konflikt zwischen ihnen und nahe wohnender Menschheit sich einstellt, die Bäume das Feld zu räumen haben: immer auch wird es schwierig sein, «las Gleichgewicht zwischen ländlicher Idylle und städtischem Interesse aufrecht zu erhalten. Allein sollten sich nicht auch Mittel und W«>ge finden lassen, hei gutem Willen derartige oft nur anscheinende Gegensätze in möglichst schonender Weise zum Aus­gleich zu bringen?

Die letzten Lebenstage unserer Silberweide vom Schöneberger lfer haben übrigens ihre kleine Geschichte, die erzählt zu werden verdient. Von Vielen geliebt, Anderen ein Dorn int Auge, wurde sie lange gegen andrängende Gegner vom Kgl. Polizei-Präsidium in Schutz genommen. Genannte hohe Behörde ging in lobenswerter Baumfreund- liehkeit soweit, dass sie einen der ersten Kultivateure Berlins, unseren jetzt seligen Gärdt, «len vieljährigen Hüter «ler Borsigschen Garteiianlagen» mit einem Gutachten über Sein oder Nichtsein des Baumes beauftragte. Dasselbe fiel, wie sich erwartet) Hess, zu Gunsten der Angeklagten aus. Dies ist es, was, Dank «lern selbst schon dem Heimgange Zuschreitende/i) «ler Todeskandidatin noch eine kurze Spanne lang «las Dasein gefristet hat.

Da indess wir Baumfreumle bei streitigen Kragen uns fast iinmci