Heft 
(1893) 2
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Bericht über die 15. (A. Arbeits-) Sitzung des II. Vereinsjahres.

seit 1160 eine der wesentlichsten Volksbelustigungen bildeten und in den Chester-Rennen eine Weltberühmtheit erlangten. Nach englischem Muster wurden sie zu Anfang unseres Jahrhunderts auch in Deutschland als Herren-, Offiziers-, Jockey- und Bauern-Rennen dauernd eingeführt.

In Berlin geschieht übrigens des Pferderennens bereits vor nunmehr vierhundert Jahren Erwähnung, nur dass dasselbe nicht wie bei den Engländern kultiviert wurde, vielmehr gänzlich eingegangen zu sein scheint. Wenigstens wird seiner von den Chronisten, die doch weit geringfügigere Tagesbegebenheiten in unserer guten Vaterstadt gewissenhaft registrierten, nicht gedacht.

Versetzen wir uns in die Regierungszeit des Kurfürsten Johann (Cicero) zurück, welcher nur zeitweilig in seinem Schlosse zu Kölln an der Spree residierte, so fanden während seiner Anwesenheit Bankette, Jagden und Turniere bei Hofe statt, an denen die Bürger sich als Zu­schauer ergötzten, im übrigen aber bei ihren Zunftversammlungen, an Hochzeiten und Taufgelagen, Tänzen und wie schon erwähnt auch am Pferderennen sich vergnügten.

Letzteres geht aus einer Verordnung des Kurfürsten an den Rat von Berlin und Kölln, d. d. Arneburg (in der Altmark), amDienstag nach Jubilate (22. April) 1404 hervor, welche holtet:

Lieben getrewen. Ewer schreyben haben wir vormerkt, vnd ist unser meynung, dass die ausschreyben an die von Lciptzk (Leipzig?) vnd anderswo von den von Berlin vnd Collen wegen geschehen, doch dass die von Berlin das Rennen der pferd zum Berlin halten.

Wie bereits angeführt, linden sich bis zu dem Rennen im Jahre 1701 keine weitere Mitteilungen vor. Dann erst heisst es in einer Schilderung des Berliner Volkslebens, aus dem Jahre 1830, dass sieh den beiden Hauptvolksfesten des Stralauer Fisehzuges und des Sc t zenp 1 a t zes in der neuesten Zeit eine andere Lustbarkeit, das Pferderennen, angeschlossen habe und aller Wahrscheinlichkeit nach auch für die Zukunft jährlich stattfindeii werde. Der Charakter dieses Festes sei jedoch ein ganz anderer, als der, welcher den beiden vor­erwähnten eigen sei. An dieser Lustbarkeit (heisst es weiter) nehmen der König und sein Huf, der hohe Adel und alle diejenigen Privatpersonen teil, welche bei jenem Hauptzweck ein Interesse haben. Die Preise Ihr die besten Rennen werden grnssenteils vom König selbst und den höchsten Personen ausgeteilt. Dabei findet die Beobachtung aller der­jenigen (lebräuche statt, die bei solchen Festlichkeiten herkömmlich sind (jedenfalls noch mit Ausschluss der heutigen -Buchmacher). Ihu^olk verhält sich mehr passiv, da die Teilnahme an den Rennen mit Kosten verknüpft ist, die nur der Begüterte aufzubringen vermag.

Soweit die Schilderung.

Ins lieben gerufen wurden die damaligen Rennen, seitdem du