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Bericht über die 15. (3. Arbeits-) Sitzung des II. Vereinsjabres.
Zeit an. Es sind Handspindeln d. h. Spindelstäbe, an denen zum Teil noch der Flachs sitzt mit den daran befestigten eben erwähnten Wirtelsteinen, ln der l’rovinz Posen, in Polen und den Ländern der Stefanskrone werden dergleichen primitive Geräte noch jetzt angefertigt und gebraucht. Aus der Provinz Brandenburg ist mir die Benutzung derselben in «1er Gegenwart nicht mehr bekannt.
Dahingegen fertigen unsere Schulkinder noch jetzt — auch hier in Berlin — Webegeräte der Art, wie ich sie vorlege an und weben sich damit hohle Schnüre zu Pferdeieinen zum Spielen, Uhrketten, Halsbänder uml dergleichen, auf durchbohrten Korkscheiben mit 4 oder 5 eingesteckten Stecknadeln, an denen der bunte Wollenfaden befestigt wird.
Zum Bandweben benutzen die Kinder bei uns — wiederum auch in Berlin — noch jetzt Brettchen, «lie kammartige Zähne haben, welche auf allen 4 Seiten mit einem Hahmen umschlossen sind, zum Weben von bunten Bändern. Ich lege Exemplare aus Oderberg i. M. und aus dem Spreewald vor. Haben die Kinder dergleichen Kähmen nicht, «lie sich mit dem Laubsäge-Apparat herstellen lassen, so nehmen sie möglichst grosse Pferdekümme dazu, deren Zinken unten durch ein (pierholz verbunden werden. S«*hr auffallend ist es, dass di«*se uralte Gepflogenheit des Schnur- und Bandwebens vorzüglich von Knaben betrieben wird.
Die primitivste Art «1er Webend ist «liejenig« 1 , welche nur mit «len blossen Fingern ohne irgeml ein Instrument g«dibt wird. Meine Tochter Gesa Friedei legt Ihnen eine Plattschnur vor, welche sie auf «liese Weise in rot und weissein Muster für die „Bramlenburgia“ und zwecks demnächstiger Aufnahme des Machwerks im Märkischen Museum hergestellt hat. Man benutzt dazu ti Finger, je 3 von jeder Hand und verwebt 2 Fäden, gewöhnlich zwei aus mehreren Fällen zusammengesetzte Strähnen. Während der Apparat, mit Kork und Nadeln eine hohle Schnur darstellt, deren einz«*lne Teile hintereinander verschiedenfarbig aus- t’allen, erst ein blauer Teil, dann ein roter, dann ein weisser u. s. f., wertlen bei d«T geschilderten Fingn’-Weberei di«‘ Fäden überhaupt bunt durcheinaniler geschlungen. Mtdne Tochter sah diese Art von Weberei vor drei .lahriMi in und bei Lübeck von Bauerkimlern ausüben, die auf «li«*se Weise haltbare Uhrketten herstellen. Unser Mitglied, Lehrer Monke teilt mir mit, dass «*r diese Uranfang«! der Textilkunst bei Kindern im Ostbavelländisehen Kreise noch vor wenigen .lahren im Schwange gesehen, zur Herstellung von Ketten, Peitschenschnüren, S«‘hlüsselbändern und zum Befestigen des Griffels oiler Schwamms an der Schiefertafel. Die Schnüre können rund o«ler platt muh Belieben hergestellt werden.
Der Vortragemle schloss damit, «lass er no«*h mehrere altertüm- li«h«> Weberschiffchen aus der Provinz Brandenburg vorlegte, welche letztere ihren guten Huf als eine „webende Lamlschaft“ bis auf den