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Die Amtmännin von Oranienburg.
reiches geschichtliches Material u. s. w. dar, dass eine kurze Darstellung desselben an diesem Ort wohl am Platze ist.
Im Jahre 1696 verwaltete das Amt Oranienburg der kurfürstliche Amtmann Johann Jakob Sperl. Derselbe — nebenbei bemerkt, ein dunkler Khremnann, wie sieh spilter herausstelltc — hatte sieh in sehr spaten Jahren verheiratet und zwar war seine Wahl auf die neunzehnjährige Jungfraw Maria Bodin, Tochter des Lehnschulzen von Gross Motze*) Joachim Bodin gefallen, die er im Jahre 1685 ehelichte. Das ungleiche Paar hatte bis zum oben genannten Jahre wahrscheinlich in ungetrübtem Wohlbefinden seine Tage verlebt in dem Bewusstsein in Oranienburg die Spitze der Gesellschaft zu sein, als das Schicksal eingritf und das Idyll mit rauher Hand zerstörte. Der Unstern der Amtmllnnin führte den kurfürstlichen Hofmaler Gericke nach Oranienburg, welcher mit der künstlerischen Ausschmückung der Gemllcher im dortigen Schlosse betraut war. Kr war verheiratet, und da das Keisen von Berlin nach Oranienburg und umgekehrt sehr umständlich und kostspielig war, so Ubersiedclte er mit seiner Frau nach Oranienburg. Ein Gesuch wegen Kost und Logis im Amtshause wurde von der Frau Amtmännin, welche im Bewusstsein ihrer hohen Würde das Malerchepaar wahrscheinlich nicht für voll bezw. nicht als ebenbürtig ansah, zurllckgewiesen. Der Maler begann seine Arbeit und hatte bald die Ausschmückung des Speiscsaales beendet. Es waren dies Darstellungen menschlicher Thorheiten und Schwächen, in das Gewand der Tierfabel gehüllt, sonst aber, entsprechend dem Geschmack der Zeit, sehr derb gehalten. Herr Jean de Porre, kurfürstlicher Kastellan zu Oranienburg, gab unter dem Titel „Erklärung der in Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg Speise- Salet Zu Ouranienburg Gemahleten Grottesco-Figuren“ ein Büchlein heraus, das im Jahre 1697 bei Ullrich Liebpert, churfürstl. Holbuchdrucker zu Cölln a. d. Spree herauskam und eine Beschreibung dieser Malereien enthält. Dr. Galland bezeichnet den Inhalt des Büchleins als ein Gemisch von Führer- weisheit und aufgcschnapptengol ehrten Brocken. Unter diesen Malereien ragte besonders die Darstellung des bäuerischen Hochmuts durch Derbheit hervor. Es war dies eine Frauentigur, welche von den Emblemen der Landwirtschaft umgeben, eine Kuh molk. Die Dame stand mit nackten plumpen Füssen im Kot, war unterhalb mit einem hochgeschürzten, groben blauen Kock bekleidet, ihr üppiger Oberkörper trug ein prachtvolles scharlachrotes Fcst- gewand. Der Kopf war mit einer ungewöhnlich hohen Frisur geschmückt, die noch dazu mit einem Pfauenschweif bekrönt war. Um den Hals trug die Figur ein Kettlein, über dessen Zusammensetzung der Herr Verfasser sich absichtlich ausschweigt. Damit auch kein Zweifel darüber entstehen konnte, wer gemeint sei, hatte der boshafte Künstler der Figur die Züge der Frau Amtmännin gegeben. Die Bilder wurden mit Papier bedeckt, hauptsächlich wohl deshalb, wie der Verf. richtig bemerkt, um in dem kleinen Orte vorzeitiges Gerede über den „Gegenstand“ der einen Schilderei zu verhindern. Kurfürst Friedrich III. besichtete im genannten Jahre die Gemälde und nahm kein Ärgernis an irgend einer der gemalten Scenen. Desto mehr Ärgernis
*) Gross Mutz bei Löwenberg.