Heft 
(1896) 5
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17. (0. öfientl.) Versammlung des IV. Vereinsjalires.

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Exoascus bildet auf den süssen und sauren Kirschen (Pr. avium und Pr. Cerasus) grosse Hexenbesen. Er ist, wie Sadebeck angiebt, durch ganz Mitteleuropa, Dänemark und Skandinavien verbreitet und tritt speziell häufig in unserer Mark sowie auch der Sächsischen Schweiz auf, wo man von der Eisenbahn aus leicht die nestartigen Hexenbesen der Kirschbäume beobachten kann. Auf auf der Weissbuche (Carpinus Betulus L.) und Weisserie (Ainus incana [L.] DC.) werden Hexenbesen durch Exoascus Carpini (Rostr.) Sadeb. und Exoascus epiphyllus Sadeb. gebildet.

Zum Thema der Hexenbesen bemerkt endlich Dr. C. Bolle Fol­gendes:Wenn Hexenbesen in einfachster Gestalt schon fähig sind,

die Aufmerksamkeit zu erregen und so selbst lebhaft zur Phantasie des Volks gesprochen haben, um wievielmehr muss es da nicht als Unge­heuerlichkeit erscheinen, einen ganzen ansehnlichen Baum zu solchem Kenster uingestaltet zu sehen. Wiederum ist es unser Brandenburg oder vielmehr die demselben ungegliederte märkische Lausitz, wo die schallende Natur eine so merkwürdige, gewiss überaus seltene Miss­bildung ins Leben rufen durfte. Obwohl uns die Erscheinung nicht aus eigenem Augenschein bekannt ist, gelingt es doch vielleicht einer uns vorliegenden Beschreibung, die hier treu reproduziert wird, einen wenigstens annähernden Begriff hiervon zu geben.

Am Wege von Kakrow nach Wiesendorf, unweit Kottbus, in der zum Gut des letztgenannten Orts gehörigen Heide, steht ein Baum, der wegen seines seltsamen Wuchses von den Landleuten der behexte Baum genannt wird. Man fürchtet sich an diesem, nahe am Wege stehend, zur Nachtzeit vorüberzugehen, weil es da spuke. Der Wuchs dieses Baumes, einer Kiefer, ist ein seltsamer. Zuerst hat sich noch gar nicht feststellen lassen wie der, Stamm aus der Erde kommt. Auf dem Boden zeigt sich ein unlösbares Gewirr von mannsdicken, kreuz und quer ge­wachsenen Stämmen, die mit unentwirrbaren Schlangenwindungen einen ansehnlichen Flächenraum bedecken. Von diesen sind Hunderte von Trieben grad in die Höhe gewachsen; aber auch sie wenden sich, nach­dem sie eine gewisse Höhe erreicht haben, wieder abwärts zum Boden um in launischen Windungen an diesem fortzukriechen.

Man hat diese Monstrosität in einen benachbarten Park verpflanzen wollen (was übrigens, der spezifischen Eigenart der Kiene wegen, sicher missglückt wäre), doch fand sich, trotz des Anerbietens guter Zahlung, niemand der Hand an diesen Hexenbaum hätte legen wollen.

Ein Nadelholz so kuriosen Baues wäre ohne Zweifel der Besichtigung durch Kenner, vor allem aber einer Abbildung wert. Wenn man nicht wieder zu spät damit kommt.