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Bericht über die 2. (1. Arbeite-) Sitzung des V. Vereinsjahres.
zugedeckt, die Nacht verbringen. Endlich am 19. Dezember kamen wir nach Luckau; an und für sich eine „nette, Stadt“ aber meinem Bruder und mir nebst Burschen ein sehr massiges Quaitier bei einem geizigen Kaufmann bietend; seine Frau, eine Scharfrichterstochter, war „filzig, dumm, vierschrötig“, doch hatten sie ein niedliches Kind.
Am 21. Inspizierung durch den General von Korff. Der neue Hauptmann war nicht zufrieden mit seiner Kompanie. Sie hatte ihm zu schlecht „geputzt“. Der 22. war ein Sonntag. Die Offiziere veranstalteten einen Ball, zu dem auch die Einjahrig-Freiwilligen als zahlende Teilnehmer eingeladen wurden. Unsere schäbige Uniform hinderte nicht, besassen wir doch feine Handschuhe und feine Tanzstiefel. Die Regimentsmusik spielte. „Viele nette Damen“ lernten wir kennen; die anfängliche Steifheit wich bald heiterem Verkehr.
Wir rechneten auf langem Aufenthalt in Luckau und wir sangen:
Luckau giebt Quartier im Winter,
Folgsam sind wir wie die Kinder;
Denn das Allerschönste schon Ist Subordination.
Und schlossen:
Dies ist das Lied vom Hessenland;
Hessen, Deutschland stammverwandt,
Hessen, politikumschlungen,
Niemand wurde umgebrungen.
Das Christfest war gekommen. Wir feierten es in der Kneipe mit Bowle und Whistspielen. Am Abend des 25. Dezember wurde in kleineren Kreisen getanzt, am 26. war aber wieder Konzert, und Ball. So liess es sich ganz angenehm in Luckau leben. Mit dem 28. Dezember kam aber plötzlich die Order zum Weitermarsch. Früh 6 Uhr wurde aufgebrochen. Ich musste als „Spitze“ voraus, „um den Weg zu suchen“. Es war aber nur ein kurzer Marsch von zwei Stunden bis zum Dorfe Terpt. Hier erhielten wir, mein Bruder und ich, ein „sehr schönes Quartier, reinlich, gutes Essen, gutes Lager auf der Erde“. Am 29. (Sonntag) war der Marsch über Vetschau nach Werben um so grösser. „Bis Vetschau gute Chaussee, dann grässlicher Weg durch den Spree- wald, eine grosse Morastgegend.“ In Werben standen die Bewohner alle vor der Thür, sie begrüssten uns aufs freundlichste. Ganz besoders aber zogen die Mädchen in ihrem kleidsamen Sonntagsanzug, mit dem das volle, runde Gesicht schön einramenden Kopfputz unsere bewundernden Blicke auf sich. Die Polen in unserer Kompanie riefen ihnen einen polnischen Gruss zu, den sie verstanden und auf wendisch erwiedertem