Bericht über die 2. (1. Arbeite-) Sitzung des V. Vereinsjahres.
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Thatsächlieh konnten sich Polen uncl Wenden verständigen, infolge dessen sich die Beziehungen zwischen ihnen und den schönen Wendinnen ganz besonders freundlich gestalteten, zu nicht geringem Ärger und Neid der anderen Kameraden.
Unser Quartier war in einem Blockhaus, erbaut aus übereinanderliegenden Baumstämmen, wie es solche ja auch jetzt noch im Spreewald giebt. Die Stube war so niedrig, dass wir nur gebückt drin stehen und gehen konnten. Die stattliche Hausfrau hatte sich deshalb eine gebückte Haltung angewöhnt. Wir wurden mit grosser Herzlichkeit auf- genoinmen. Zunächst wurde uns von Weihnachten übrig gebliebener Kuchen in Massen vorgesetzt; dann gab’s Kaffee mit Syrup und Schmalzbrot, endlich „Hirse und Sauerkraut zusammengekocht“. So steht’s wörtlich in meinem Tagebuch. Unser Nachtlager war in der Scheune; der Wind strich über unsere Köpfe hin, wir aber lagen mollig im wannen Bett und schliefen prächtig. Unser Freund, Unteroffizier von der Lippe, lag im Gänsestall. Zum Frühstück gab’s Kaffee mit Kuchen, dann Kartoffeln mit „Stippe“, zu Mittag erst Butter und Brot, dann „Meerrettigbrei“. Den Nachmittag verlebten wir bei einem Kameraden oder richtiger mit ihm in der Spinnstube seines Quartiers, in der siebzehn erwachsene Mädchen sassen und spannen. Auch den Abend brachten wir hier zu. Auch viele andere Soldaten stellten sich ein, es entwickelte sich lärmende, ja ausgelassene Fröhlichkeit.
Am 31. Dezember wurden wir umquartiert; das Haus war neu. Der erste Eindruck war unangenehm, das verlor sich aber bald; guter Kuchen und Kaffee, abends Hirsensuppe. Eine Sylvesterbowle wurde mit Kameraden getrunken; dann in unserm Bett auf dem Speicher gut geschlafen, ohne Jammer früh aufgewacht.
Am 3. Januar marschierten wir weiter nach dem Dorfe Guhro. Unser Quartier war bei einem Bauer Bossann. Die Frau war erkrankt, lag im Bett und störte unsere Nachtruhe durch anhaltendes Husten und Stöhnen. Sie zeigte eine gewisse Bildung, da sie in ihrer Jugend in der Stadt gelebt hatte, sprach auch gut deutsch, während ihre Kinder, besonders die zwei Töchter, meist wendisch und nicht gern deutsch sprachen. Es war ein freundliches Quartier. Den Abend verlebten wir auch hier m einer Spinnstube mit Kameraden zusammen. Vom Lehrer entlieh ich Bücher zum Lesen.
Am 6. Januar machte ich mit einem Kameraden einen Ausflug nach Kottbus. Wir tranken schlechtes Bier, mässige Chokolade, be- griissten die Spree. Die Stadt machte auf uns einen etwas langweiligen Eindruck, auch kein hübsches Mädchen sahen wir; wir waren eben im Spreewald bereits verwöhnt worden. Damals führte nur eine Pferdeeisenbahn von Kottbus nach dem Schwieloch-See. Als ich dreissig Jahre später