Heft 
(1896) 5
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Bericht über die 2. (1. Arbeite-) Sitzung des V. Vereinsjahres.

strasse (jetzt Berliner Theater), den Barbier von Sevilla im Opernhaus, die Weihnaehtsaustellung bei Kroll, das Theater des Athleten Rappo (jetzt ist die Markthalle zwischen Friedrichs- und Lindenstrasse daselbst), und kamen am 26. wieder in Kasel an. Ich durfte auf Verwendung des Pastors Winzer beim Hauptmann das Quartier ebenfalls bei ihm nehmen.

Die Tage, die wir in Kasel verlebten, waren die schönsten des ganzen Feldzuges und entschädigten uns für alle ausgestandenen Midien und Strapazen. Auch nach unserer Rückehr nach Berlin blieben wir noch längere Zeit im Briefwechsel mit der Familie, die uns mit solcher Herzlichkeit entgegengekommen war. Leider daueite die Freude des Beisammenseins nicht lange.

Am 2. Februar rückten wir wieder aus, ich als Fourier voraus. Auf diesem Marsche begegnete es unserm Freunde Von der Lippe, einem feingebildeten Mann aus guter Familie, dass er auf dem Gut, auf dem er einquartiert war, mit dem Gesinde essen musste, was uns alle empörte. Über Baruth gings am 8. nach Wunsdorf; von da am 4. nach Ziethen.

Am 5. Februar war Potsdam unser Ziel. Eine halbe Meile vor der Stadt hatten wir einRendezvous, machten uns möglichstpropper und rückten nach zweistündigem Aufenthalt bis zur Stadt. Da mussten wir wieder eine halbe Stunde warten. Es sollte Parade vor dem König .stattfinden; in Folge des Besuchs eines österreichischen Erzherzogs unterblieb sie und wir mussten von 1 Uhr bis 5 Uhr auf der Strasse stehen, bis wir endlich in unsere Quartiere kamen.

Nach einem Ruhetag marschierten wir am 7. Februar weiter nach Nauen. Es war ein starker Marsch und wir sehnten uns nach einem guten Quartier. Da unser Billet auf einen Ratsherrn lautete, so hatten wir frohe Hoffnung, wurden aber anfangs bitter enttäuscht, als uns ein dunkler Raum mit Streulager gezeigt wurde. Wir gingen verstimmt fort, unsere Freunde aufzusuchen. Als wir zurückkamen, wurden wir sehr freundlich empfangen, wir fanden in einer feinen Stube den Tisch gedeckt, speisten lukullisch und statt des Streulagers in der dunklen Kabuse wurden uns vortreffliche Betten zur Nachtruhe in einer andern feinen Stube angewiesen. Dies Wunder hatte unser Bursche, ein pfiffiger Pommer, bewirkt, der der Wirtin in unsrer Abwesenheit erzählte, wer wir wären und woher wir stammten. Da erkannten Wirt und Wirtin, dass wir zu den Gebildeten gehörten, was man unserm Äussern in der schäbigen Uniform allerdings nicht ansehen konnte, und behandelten uns dem­gemäss.

Am 8. nach Friesack, wieder 33/4 Meilen (schlechtes Essen). Am 9. weiter nach Dreetz. Der Ort hatte noch nie Einquartierung er-