Heft 
(1896) 5
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Bericht über die 2. (1. Arbeite-) Sitzung des V. Vereinsjahres.

welches von Berlin aus kaum möglich gewesen wäre. Auch die andern Freiwilligen des Regiments blieben in der Mehrzahl.

Es begann nun das Bataillonsexerzieren. Sehr erwünscht war für uns die Umquartierung nach Lohme. Dort konnten wir mit Von der Lippe in Gemeinschaft uns zur Prüfuug vorbereiten. Wir arbeiteten fleissig und erholten uns dann entweder durch ein solides Solo oder durch Unterhaltung mit der Frau Prediger und ihrer Nichte. So ver­ging die Zeit rasch und angenehm. Von dem laufenden Dienst, so weit er nicht zur Vorbereitung für die Prüfung diente, waren wir befreit. Unser Quartier war bei einem Bauer Wolff mit anderen Soldaten zu­sammen. Die Verpflegung war gut, nur das Sauerkraut erfüllte, wenn es gekocht wurde, das ganze Haus mit durchdringendem Geruch. Die eigentliche Herrin war Frau Wolff, eine trotz ihrer Wohlbeleibtheit noch sehr rührige Frau, gegen die der Mann offenbar nicht aufkommen konnte. Eines Tages sassen wir bei Tische. Mau kam auf die Rhein­länder zu sprechen. Da sagte ein Sohn der Frau Wolff, ein grosser, derber Bursche:Die Rheinländer sind alle Schweinh . . . .Oho,

sagte ich,ich bin ein Rheinländer. Kaum hatte ich das gesagt, da sprang Frau Wolff auf, fasste ihren Sohn an Kragen, riss ihn vom Stuhl, schleppte ihn zur Thür, öffnete sie, warf ihn hinaus, schlug die Thür wieder zu und kehrte zu ihren Platz zurück, als wenn nichts vorge­fallen wäre.

Der Verkehr mit Stüdnitz und der dortigen Pfarrersfamilie hatte auch nicht aufgehört, wir kamen öfter hin und fänden stets eine freund­liche Aufnahme.

Am 8. März war die mündliche Prüfung in Stüdnitz. Der Schulsaal war dazu ausersehen. Im Schulhaus wohnte unser Doktor. Während die eine Hälfte geprüft wurde, hielt sich die andere beim Doktor auf. W i r waren die Wartenden (auch Hobrecht gehörte dazu), fingen an zu kneipen, zu singen, so dass wir seitens der Prüfungs­kommission in freundlicher Weise zu Ruhe verwiesen werden mussten. In heiterer Stimmung kamen auch wir endlich zu Prüfung das Ant­worten ging flott, und Prüfende und Geprüfte waren zufrieden. Bei Predigers erholten wir uns von den Mühen der Prüfung. Am 9. und 10. wurde die schriftliche Arbeit unter Aufsicht des Leutnants von Mann­teuffel angefertigt. Nach langen Jahren traf ich mit ihm in Brandenburg zusammen. Er war inzwischen General-Leutnant geworden, erinnerte sich aber noch lebhaft jener Zeit. Er war damals erstaunt über meine Schreibfertigkeit. Hatte ich doch in sechs und einer halben Stunde sieben Bogen vollgeschrieben!

In den nächsten Tagen war Exerzieren, am 16. Militärgottesdienst in Stüdnitz. Es war von da an für uns eine wahre Bummelzeit. Als Offizier war Leutnant Stocken in die Kompanie eingetreten, zu dem