Heft 
(1896) 5
Seite
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Protokoll der 3. (2.) ausserordentlichen Versammlung des V. Vereinsjahres. 89

durch Meeresfluten in riesigen Geschieben herangewälzt, als einziges Ge­stein auf den märkischen Waldflächen zerstreut lag und bereits in ur- germaniseher Zeit zur Errichtung von Grabstätten gedient hatte.

Der massive granitene Unterbau an der Westseite der Nicolaikirche, ursprünglich wohl nur für einen Turm bestimmt, ist mithin der älteste Architekturrest, den Berlin bewahrt. Wenngleich gotische Formen auf­zeigend, kann die noch ziemlich rohe Behandlung derselben doch keinen Anspruch auf eine baukünstlerische Bedeutung erheben.

Das ausserordentlich schnelle Wachstum Berlins machte die Er­bauung einer zweiten Pfarrkirche, St. Marien, zwischen 1260 und 1270 erforderlich. Auch ihr Baumaterial war der Granit.

So stand Berlin noch jeder baukünstlerischen Entwickelung fern, wie solche in der Altmark und im Havellande mit Einführung des Backsteinmaterials durch niederländische Kolonisten bereits ein Jahr­hundert früher stattgefunden hatte.

Ein Wendepunkt trat erst mit der rapiden Ausbreitung der Bettel­mönchorden ein. Von Italien aus berührten Franziskaner und Domini­kaner auch die beiden Schwesterstädte Berlin-Köln und machten sich hier ansässig. Mit den Backsteinbauten ihrer Klöster und Kirchen be­gann in beiden Städten eine höhere küntlerische Entwickelung. Die grosse Anzahl von Gotteshäusern, die in der ersten Zeit der begeisterten Ordensverbreitung notwendig wurde, ermöglichte den Brüdern bei ihren weitreichenden Verbindungen die besten Entwürfe und Werkmeister zu erhalten.

In Köln errichteten die Dominikaner oderschwarzen Brüder um das Jahr 1280 auf dem heutigen Schlossplatz ihre stattliche Prediger­kirche, ein Backsteinbau mit drei gleichhohen, gewölbten Schiffen.

In Berlin hatte die Niederlassung der Franziskaner schon vor 1259 stattgefunden, denn Angelus berichtet in seiner Schilderung vom Wunderblute zu Zehdenick, wohin auch die Markgrafen Johann I. und Otto III. gewallfahrtet, dass beide auf den RatBinder Hermann von Langele's, welcher Lektor im grauen Kloster zu Berlin und der Markgrafen Beichtvater gewesen, ein Jungfrauen-Kloster Cistercienser Ordens gestiftet haben zum Gedächtnis jener Geschichte. Urkundlich wird dieser Gründer der Franziskaner-Niederlassung erst 1257 genannt, als die beiden Markgrafen am 8. April dem vorerwähnten Kloster zwei Hufen Landes in dem Dorfe Schwanebeck vereigneten. Hier wird er unter den Zeugen ebenfalls als Lektor der Franziskaner in Berlin auf­geführt.

Als ersten Konvent derselben bezeichnet die Überlieferung die spätere Wohnstätte der berühmten und ältesten Patrizierfamilie Blanken­felde, Spandauerstasse 49. Nach dem Brande im Jahre 1380 einge­äschert, wurde das Haus wieder aufgebaut; doch ist es nicht un wahr­