Protokoll der 3. (2.) ausserordentlichen Versammlung des V. Vereinsjahres. 95
Wo die erstgenannte Strasse sich am breitesten erweitert, schneidet die Ruppiner Strasse ungefähr von Süden nach Norden ein und führt in letzterer Richtung auf den berühmten Cremmer Damm. Hierbei übersieht man die einstmals feste Lage des Städtchens, welches auf weite Strecken den einzigen Übergang vermittelte durch das Luch (Schleuener Luch, Cremmer Luch, Sommerfelder Luch, Flatower Luch, Linumer Luch, Wustrauer Luch, Ternower Luch und überhaupt das gewaltige, das jetzt schmale Flüsschen Rhin auf beiden Seiten einfassende riesige Rhin-Luch). Aus diesem Luch ragen hie und da diluviale Schollen des Unteigrundes hervor, die nicht selten mit altalluvialen Dünensand-Über- wehungen gekrönt sind. Auf einer solchen festen Insel im unabsehbaren Moor ist Cremmen erbaut. Yon der Burg, die in der sumpfigen Niederung unmittelbar vor der Stadt gegen Abend zu lag, ist nichts mehr vorhanden, dagegen befanden sich am Berliner Thor und in der Kietzer Strasse bis vor kurzem noch geringe Reste einer mittelalterlichen Befestigung.
Als Rest des ungeheuren Wasserbeckens, welches sich hier noch bei Menschenzeiten, freilich in vorgeschichtlicher Epoche befunden hat, ist der über anderthalb Meilen lange Cremmer See, der sich bereits arg in der Verschiffung und Vertorfung befindet und den der für grosse Kähne schiffbare Ruppiner Kanal durchschneidet, anzusehen. Leider kommt man an den See wegen seiner sumpfigen Ufer schlecht heran.
Eine Schilderung der Gegend scheint mir um so notwendiger, weil weder in Berghaus’ Landbuch der Mark Brandenburg noch in unsers Ehrenmitgliedes Theodor Fontane’s berühmten „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“, zwei Werken, die man als heimatkundlicher Ausflügler gern zunächst zu Rate zieht, etwas über die dortige Landschaft gesagt wird. Kurz vor der Kanalbrücke beschreibt der Damm fast einen rechten Winkel, indem er zur leichteren Herstellung an den Fass der Sandhügel der Cremmener Stadtforst angelehnt wurde, die hier mit einem spitzen Zipfel westlich in die Luchlandschaft vorspringt. Hier liegt das Schützenhaus, ferner die Stadtförsterei für das über 8000 Morgen grosse städtische Waldrevier und dicht südlich, vor der Brücke eine Kgl. Oberförsterei. Östlich erstreckt sich dann ein prächtiges urwaldartiges Gelände bis Oranienburg. Diese Waldgebiete können von den Stationen Vehlefanz und Schwante aus am bequemsten besucht werden.
Südlich von Vehlefanz, das wie das benachbarte Schwante und Bärenklau ein Remontedepot mit prächtigen Pferdebeständen ähnlich dem den Berlinern bekannten Brieselang besitzt, woneben noch die berühmte Pferdezüchterei in Pausin zu erwähnen, ich sage südlich von Vehlefanz 3 km ab, liegt ein grosses, aus einer Anzahl verschieden benannter Heiden zusammengesetztes Waldgebiet, das die Bezeichnung „Der Krämer“ trägt. Dieser Wald bildet die nördliche Fortsetzung des Brieselangs und der Nauener Stadtheide. Schwante wird mit Recht