Heft 
(1896) 5
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ßiicherschau.

einer Reihe mehr oder weniger unklarer Aufgaben nun als Ziel des Vereins hin: Vorarbeiten für ein Wörterbuch, für eine Sprachlehre und eine Geschichte der deutschen Sprache zu liefern.

Aber auch diese Bestrebungen hatten keinen rechten Erfolg. Die Ge­sellschaft verstand nicht sich geltend zu machen. Auf ein Preisausschreiben, das sie am Lutherjubiläum 1817 für die beste zeitgemässe Bearbeitung von Justus Georg Schottelius ausführlicher Arbeit von der teutschen Haubtsprache (Braunschweig. 1663) erliess, lief nicht eine einzige Bewerbung ein. Eine 1. J. 1818 wiederum vorgenommene Erneuerung der Gesellschaft, die sich aller­dings nur auf das Haupt, nämlich den Vorstand, nicht aber auch auf die Glieder erstreckte, hatte nur das Resultat, dass endlich ein Band des lange geplantenJahrbuchs der Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache (Berlin, Maurer 1820) erschien, der freilich vorläufig der einzige blieb. Bei­träge von tieferer wissenschaftlicher Bedeutung enthielt er nicht.

Erst i. J. 1825 mit der Übernahme des Vorsitzes durch Friedr. Heinr. v. d. Hagen, der wenige Jahre vorher endgiltig nach Berlin über­gesiedelt war und seine Thätigkeit als ordentlicher Professor an der Uni­versität begonnen hatte, erhielt die Gesellschaft ein mehr wissenschaftliches Gepräge. Auch v. d. Hagen war kein Mann von tief eindringender, methodisch geschulter Wissenschaftlichkeit, auch er blieb Zeit seines Lebens trotz einer fünfzigjährigen Beschäftigung mit der Litteratur und Altertums­kunde in gewissem Sinne ein Dilettant. Aber er war sehr kenntnisreich, von einer beneidenswerten Arbeitskraft und besass eine schier grenzenlose Fähig­keit zu produzieren. Zugleich umfasste er eine Fülle der verschiedensten Interessen. Für die extensive Entwicklung der Wissenschaft vom deutschen Leben Rat er sehr viel gethan. Darin steht er ihren Begründern, mit deren Wirken das seinige zeitlich ungefähr zusammenfällt, nicht nach. Nunmehr legte man in den Vorträgen und schriftlichen Aufsätzen das Hauptgewicht auf die historische Sammlung und Untersuchung. Erhob man sich auch nicht auf die Höhe der germanischen Forschung, die in dieser Entstehungs- und zugleich Blütezeit der deutschen Philologie die Arbeiten Beneckes, Lachmanns und der Brüder Grimm bezeichnen, so gab man doch das dilettantische Etymologisieren auf und jene kindliche Sucht zu Neubildungen, in der ein so tiefes Verkennen des lebendigen Organismus der Sprache lag. Jetzt ge­langte man auch zu dem längst ersehnten Ziel, zur fortgesetzten Heraus­gabe eines Jahrbuchs. Damit erreicht, wie John Koch ausführt, die Ge­sellschaft den Höhepunkt ihrer Entwickelung Herausgeber der Zeitschrift, die den NebentitelGermania führte, war v. d. Hagen. Es erschienen im ganzen zehn Bände von ihr. Sie enthalten hauptsächlich Mitteilungen über neu entdeckte oder noch wenig bekannte altdeutsche Handschriften, Nach­richten über ältere Dichter und Schriftsteller, Erklärungen von Texten alter poetischer Werke, Bearbeitungen allgemeiner litterarischer Themata, sprach­wissenschaftliche und im engeren Sinne grammatische Untersuchungen, Ab­handlungen aus dem Gebiet der Mythen- und Sagenforschung. Auch die Altertumskunde und die neuere Litteraturgeschichte wurden nicht ver­nachlässigt.