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Schon diese Übersicht zeigt, wie viel klarer man sich über die Wege geworden war, die eine Gesellschaft für deutsche Sprache zu beschreiten und über die Ziele, die sie zu erreichen habe. Mit der Erhöhung des wissenschaftlichen Niveaus wuchs auch ihr Ansehn und ihre Wirkung. Sie sprachen sich in einer beträchtlichen Vermehrung der Mitgliederzahl aus. Diese gedeihliche Thätigkeit währte etwa bis in die Mitte der fünfziger Jahre. Dann verfiel die Gesellschaft mehr und mehr. Ein i. J. 1856 gemachter Versuch, ihr durch neue Statuten einen Aufschwung zu geben, hatte keinen Erfolg, ebenso wie die Bemühungen, nun nach dem Eingehn der Zeitschrift wenigstens über die Verhandlungen öffentlich in fortlaufenden Mitteilungen zu berichten, zu keinem Resultat führten. Dennoch entschloss man sich nicht zu einer eigentlichen Auflösung. Noch bis zum Jahre 1871 wurde die Büchersammlung fortgeführt. Auch Vorträge wurden bis dahin gehalten. Von da ab begnügte man sich die alte freundschaftliche Geselligkeit weiter zu pflegen, bis ein Mitglied nach dem anderen ausschied oder starb. Zu den letzten Getreuen gehörten Prof. Dr. Märkel, Oberlehrer am Friedrichs-Realgymnasium, Prof. Dr. Frederichs und Prediger Dahms. O. Pniower.
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Merrettig, Name und Herkunft. — (Frl. E. L. Woher der Name und woher die Pflanze?) Unterzeichneter war früher mit Professor Ascherson, der von ihm in seiner Brandenburgischen Flora S. 55 ausgesprochenen Meinung: „Merrettig. Dieser Name wird bei uns stets mit kurzer und be
tonter erster Silbe gesprochen, was wenigstens nicht unrichtiger ist als die gewöhnliche Schreibart Meerrettig, da er nicht vom Meere herkommt, sondern von Mähre (Pferd); im Englischen heisst diese Pflanze horse-radish.“
Es ist aber noch Folgendes zu erwägen. Sehr nahmhafte Schriftsteller schreiben Meer-Rettig, so Heinrich von Kleist, Amphitryon 2, 3:
„Ich hatte Meerrettig gegessen, Charis,
Und hatte Recht, den Athem abzuwenden.“*)
Und Schiller (in den Räubern) sagt: „Zwischen dem Rindfleisch und Meerrettig.“**) ,
Valentini a. a. 0. S. 177 versucht eine Erklärung des Wortes „Meer“ in „Meerrettig“, die meines Bedünkens ganz unklar ausfällt: „Der Meer-
Rettich“' wird im Lateinischen Raphanus rusticanus und französisch raifort sauvage genannt, weilen die Bauren (Rustici) und andern gemeine Leute dessen Wurzel sehr aufsuchen und bei fettem Fleisch gemessen. In Österreich heisset er Krien — Wann solche [die Blumenblätter] abgefallen,
*) „Die Bierschläuche essen den Merrettich deswegen nicht gern, weilen das Bier darauf nicht gut schmäcket. Das Frauenzimmer aber hasset den Geruch davon, dieweiln er wie Knoblauch aus dem Mund riecht, welches man an den Juden täglich spüren kan, so den Merrettich starck essen.“ Valentini, Viridarium reformatum. 1719 S. 177.
**) „rindfleisch und meerrettig sind ein zwischenessen bei tische, der ausdruck will demnach sagen, zwischenhin ohne Sorgfalt und mühe.“ Grimm, Wörterbuch.