Heft 
(1896) 5
Seite
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Fragekasten.

so folget ein etwas rundes und aufgeblöhetes Saamen-Gefäss mit etlichen Körnlein, wechselt gern in starckem und etwas feuchtem Land, daher nach des H Marpergers Meynung, so er in dem Küch- und Keller-Dictionaire p. 954 vorstellet, der Name Meer-Rettich kommen soll, und nicht von dem Meer: indem er nicht an den Meerstranden wächst, sondern in den Gierten durch die Wurtzel erzogen wird, welche off'ters mehr umb sich wurtzelt, als einem lieb ist. Niedlichen Personen kann man einen Spiritum davon machen. Am meisten aber wird der Meerrettich in denen Küchen gebraucht absonderlich in Ober-Teutschland zu Wien in Oesterreich, da fast kein Bürger seyn wird, welcher nicht einen steinern Mörser im Hauss hätte, wo­rinnen sie den Krien oder Kreen reiben (dahero sie von einigen Schälcken Krienreiber genent werden) und zu Ballen machen, welche immer auf dem Marckt feil sind.

Grimms Wörterbuch sagt:Meerrettich, m. cochlearia armoracia, pflanze und wurzel derselben, die als speise und gewürz gebraucht wdrd. Der ahd. name meri-ratich, mer-ratich, mer-retich (Graff 2, 492) thut dar, dasz das gewächs als ein fremdes, über meer gekommenes aufge- fosst worden ist (auch der w eitere name Kren*) ist undeutsch und zeigt auf fremden Ursprung, th. 5, 2167), und dasz demnach ein Zusammenhang des Wortes mit mähre equa, ahd. meriha, später merhe, mere (sp. 1467) nicht besteht, trotz der englischen bezeichnung horse-radish, die demnach auf anderm boden wurzelt. Dieser Autorität wird man sich fügen müssen.

Auf das woher der Cochlearia armoracia L. antwortet Ascherson:In

West- (?) und Südeuropa einheimisch; bei uns nur der als Gewürz beliebten Wurzel wegen gebaut und an Zäunen, Gräben, hie und da zahlreich ver­wildert und eingebürgert. **) Die Pflanze bildet bei uns, wahrscheinlich wegen der starken Entwicklung der Wurzeln, auf denen sich Adventivknos­pen bilden, niemals reife Früchte aus, welche sich dagegen bei der, vielleicht die Stammform bildenden ungarischen C. macrocarpa W. K. entwickeln.

Die Erwähnung des Merrettig im Altdeutschen liesse etwa die Möglich­keit, dass die ersten Wurzeln über See (Adria oder Mittelmeer) ins deutsche Sprachgebiet eingeführt wurden. Vielleicht darf man, da neuen Einführungen gern und häufig abenteuerliche Beinamen (epitheta ornantia) beigelegt wurden, auf die vorgeblich marine Beziehung des Meer-Rettig überhaupt kein Ge­wicht legen. E. Friedel.

*) Nur im oberdeutschen Sprachgebiet üblich, namentlich in Bayern und Oesterreich.

**)der meerrhetich ist mit geschmack und geruch sterker dann der zam [Same], dermassen, dass er die äugen übertreibt. meerrhetich klein zerschnitten, zerstossen, mit salz und essig abbereibt, gibt ein guot salsament zuo fisch und fleisch. Bock, Kräuterbuch, 280 a und 280 b.

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