Heft 
(1896) 5
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Der Tod des Abtes Siebold.

( 1190 .)

Tragische Idylle aus märkischer Vorzeit

von

Carl Bolle.

Seboldus, primus Abbas in Lenyn, a slavica gente occisus. Alte Inschrift der Klosterkirche zu Lehnin.

Die Glocken hallen durchs weite Land, Nun endlich dem Kreuze gewonnen; Musik für aller Gläubigen Ohr, Besonders für Mönche und Nonnen.

Ein Zauber liegt gar gewaltiglich Verborgen in ihren Tönen,

Dran muss der Wend sich als neuer Christ,

Mag wolln, mag nicht wolln er, ge­wöhnen ;

Soll er nicht ganz seiner Väter Land, Wies geschah von den Zwergesleuten, Aufgeben, weil dem Völklein miss­klang

Allzusehr solch feierlich Läuten;

Dies Fichtenland, schön durch See und Wald,

Das arm oftmals wurde gescholten Und das doch, als der Eroberung Preis,

Dem Reich hat für köstlich gegolten.

Dreihundert Jahr lang währte der Krieg,

Jetzt siegreich geführet zu Ende.

Den Nacken beugt, dass er die Taufe empfing,

Wenn auch murrend, der letzte Wende.

Vom Turm der neuen Abtei Lehnin Da klingt es nach gottselgem Brauche. Gar fromme Schallwellen rollen hin Weit durch die gesammte Zauche.

Abt Siebold höret sie heute nicht Im Kloster, vielmehr aus der Ferne. Sein Wunsch war, dass abgöttisch Volk Die Botschaft vom Heiland erlerne.

So wandert rüstig er hin und her Im Gau zwischen Havel und Nuthe, Dass, was von Wenden noch übrig wär,

Teil habe an Christi Blute;

Damit vom Gräuel des Heidentums Der letzte Rest nun möcht ersterben Im teuren Land, in das Rom sich teilt Mit des stolzen Askaniers Erben.

Er predigt in ihm eigenen Dorf Zu Prützke, wo Haiden sich dehnten. Sein Text hiess kurz gefasst: Folgsam sein

Und treulich bezahlen den Zehnten.

Es brannte die Mittagssonne heiss Auf Kutten herab und Tonsuren.

Ein Laienbruder nur gab Geleit.

Sie gingen, anstatt dass sie fuhren.