Heft 
(1896) 5
Seite
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Der Tod des Abtes Siebold. (1190.) Von Carl Bolle.

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Der Markgraf hatte mit Geld und Gut Noch nicht überhäufet den Orden; Bescheidener Anfang war noch nicht Zu fürstlichem Glanze geworden;

Ob fest gegründet der Bau auch stand Der Glaubensburg, Gott drin zu preisen, Für den mit dem Kreuz gekämpft der Mönch

Und der Ritter im Kleid von Eisen;

Mit hoher Zinne und starkem Wall, Ein Tempel des Herrn in der Wildnis, Wo Kerzen schimmern durch Weih­rauchdampf,

Und man knietvor derIIeilgenBildnis,

Seitdem in Schauern der Urwaldnacht Der Sohn hatte Albrecht des Bären Gelobet die Gottesgebärerin Durch Klosterbau dankbar zu ehren

Da, wo sie wunderbar Hülf ihm lieh Ein Elen zu fälln, ungeheuer,

Das grimm ihn anfiel mit Schaufelhorn, So kostbaren Lebens Bedräuer.

Drum, als nach dem. Namen man Otto frug,

Den der frommen Klaus er verleihe, Hat er Lehnin die Stätte genannt Nach dem Wild mit mächtgem Ge­weihe*)

Als nun erreicht sie ein Fischerdorf, Heut noch wird es Nahmitz genennet, Da perlt dem Hochwürdigen der Schweiss,

Obwohl sie nicht grade gerennet.

Ein Runddorf war es, wie Slaven baun,

Von Dorn rings umhegt und von Hecken.

Herabgebeugt will der Dächer Grau In Moosgrün sich traulich verstecken.

So heimlich birgt, zwischen Busch und See,

Die Wohnstätte sich jener Armen,

Als hätte nie fremde Begehrlichkeit Umstrickt sie mit stahlharten Armen,

Und als ob nie man Feuer und Schwert Getragen hätt über die Elbe,

Damit an das Evangelium Der Glaub überall sei derselbe,

Durch Menschensatzung verdunkelt längst,

Von Lai und Pfaff arg geschädigt, Den göttlich einst am Genezareth, Vor Fischern der Herr hat gepredigt.

Du trägst, mein Bruder, von kühlem Wein

Ein Fläschchen ja noch im Korbe. Mag immerhin Leibeigner sein Zur Stund jeder Wilze und Sorbe,

Mag, was im Lande noch slavisch heisst,

Uns anstarrn aus feindselgen Augen, Und mag von Nahmitz hier die Brat Noch wenger als andere taugen,

Gastfrei blieb dennoch ihr heidnisch Gemüt,

Wie grimmig auch sonst sie uns hassten,

Deshalb unter nächster Hütte Dach Tret ein ich, vom Wege zu rasten;

Im Schatten zu thun einen guten Trunk,

Als säss ich im Klostergarten. Arbeiter im Weinberge des Heran, Darf wohl meines Leibes ich warten.

Es wohnet dort liegt der Weg zur Thür

Darinnen ein Weib gar schöne.

Der Pater Wilfried zeuget von ihr Sie gleiche Marien Magdalene.

*) Jelen, der Hirsch, von gleichem Stamm mit dem deutschen Elen. Wie diese Vokabel, anLehnin anklingend, im Idiom der Wilzen wörtlich gelautet habe, wird man nie erfahren, da, zugleich mit dem bedauernswerten Volke, auch dessen Sprache früh erloschen ist.