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Der Tod des Abtes Siebold. (1190.) Von Carl Bolle.
Was immerhin sein mochte der Schreck, Dem Weib durchzuckend die Nerven, Wir seh’n zuletzt sie in ein Versteck Gar ängstlich verschüchtert sich werfen.
Verkehrt, birgt rasch sie aus Pappelholz Ein Trog, der zum Brotbacken dienet, Wie solchen von Wendenfrau’n zu leih’n Die Lutchen sich oftmals erkühnet.
Auf diesem Trog nun zeigt uns Klio Wie, ruhend, Abt Siebold sich dehne. Nicht hat dem Unglücksergen geahnt Die Tragik der kommenden Scene.
IV.
Dem Ufer nah, wo der Rohrwald sprosst,
Sieht schwank man Binsen sich neigen;
Daneben feuchtsand’ge Landungsbucht,
Der Möv’ und dem Reiher zu eigen.
Rohrkolben zwischen Kalmus und Schilf,
Wollen riesig die Halme steifen,
Und nahrhaft Mark darf über’m Schlamm
Die Wassernuss, dornbewehrt, reifen.
Der Tiefe Kind, wagt milchweissen Kelch
Die Lotosblum’ kaum zu erschliessen.
Hin über sie huscht das Wasserhuhn,
Ein Rotkäppchen mit grünen Füssen,
Nachbarlich dem hechtzähnigen Nix,
Der wohnt in des Abgrunds Kristallen,
Hinabzieh’nd jeden ins nasse Reich,
Welcher stirbt, in Strudel gefallen;
Der Schildkröte auch, die ihr Köpfchen reckt,
Das kluge, aus leuchtendem Spiegel,
Wie fragend ob blauer Vergissmeinnicht sei,
Oder schwirr’nder Libellen Flügel.
Ist es nicht, als ob aus kühlem See
Mutter Erde, durstig wollt’ trinken?
Der Fisch schnellt auf und ins Weite lockt
Silbern schimmerndes Wellenblinken.
Ein Fischerkahn, schaukelnd auf stiller Flut,
Darauf kreuzen sich Schwanenpfade.
Der führet die Ruder, dem winkt her
Ein Kinderruf bang vom Gestade.
Komm’ Väterchen, eil’ Dich, rudre schnell
Zu schützen uns wehrlose Kleinen.
Zwei Klostermönche vom Hof Lehnin
Die brachten vor Furcht uns zum Weinen.
Bei uns im Hause weilen sie jetzt.
Das Licht durch die Lade schien trüber; Da sah’n wir Muttern und den Herrn Abt — Sie unten, den Gnäd’gen darüber.