Der Tod des Abtes Siebold. (1190.) Von Carl Bolle.
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Hinstürzend, sank zugleich mit dem Stamm, Er auf Moos und Farrenkrautwedel.
Ein Hieb mit der Axt hat ein End’ gemacht, Hat zerschmettert des Abtes Schädel.
VII.
Als kam zum Kloster die schlimme Mähr Vom Aufruhr, der hell losgebrochen, Da haben die Mönche geweint, sich bekreuzt,
Der Prior hat also gesprochen:
Den Leib, der im Blut geronnen liegt, Wir wollen ihn später begraben.
Für heut aber schirmet Gottes Haus Und schliesset das Thor am Wallgraben
Zur Abendstund’ das Kirchengeläut, Ganz anders klang es wie am Morgen. Das lobete fröhlich Jesum Christ,
Um Hülfe fleht dies voller Sorgen.
Die Sturmglocke heulet laut ins Land:
Den ersten Abt der Lehniner,
Ihn mordeten ruchlos im wilden Wald Die wendischen Götzendiener.
VIII.
Zu Rom hat leider der Pontifex Abt Siebold nicht kanonisieret.
Sorgt Ihr nun, Herr Rat, an seiner Stell’ Für Ehre, die jenem gebühret.
Ihr, die Ihr austeilt nach freier Wahl Lokale Unsterblichkeitsloose,
Und Manchem, der ganz vergessen schien,
Verhalft zu der Apotheose.
Mit W e n’gem sind wir zufrieden schon. Auch Jeanne d’Arc musste lang’ warten Eh’ Bildsäulen und ein Heiligspruch Die Gläubigen um sie her schaarten
Ba ld mög’ unsrer Stadt durch Eure
Gunst
Gewährt sein eine Sieboldstrasse.
Der einz’ge Name wird’s in Berlin Sein aus märk’scher Märtyrer Klasse.
IX.
Wohl flössen Mond’, selbst Jahre dahin Seit dieses Gedicht ward geschrieben. Zu andrem warf s gleichmüt’ger Sinn Das ungedruckt liegen geblieben.
Berliner Strassenecken steh’n leer Von Siebolds zu feierndem Namen; Bekannt war Solchen ausschliesslich er Die als Wandrer nach Lehnin kamen.
Nun wird der Mus’ auf einmal ihr Recht, Die meldet von alten Geschichten. Verkörpern soll sich in Marmor echt Was fromm die Chroniken berichten,
Und auferstehn soll’n für Klein und Gross, Die all’ wir Berlin bewohnen,
Aus ferner Vergangenheit : grauem Schooss
Die ein Stolz waren zweier Nationen.
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