Heft 
(1896) 5
Seite
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Die Dreifelderwirtschaft.

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angelegt, da werden keine Wiesenabgegränzt, keine Gärten künstlich bewässert, nur der Erde wird das Korn abverlangt.

Was nun die letzten Sätze anbetrifft, so hatte Tacitus bei seinem Vergleich die Zustände Italiens vor Augen, das damals in der höchsten Blüte äusserer Entwicklung sich befand, innerlich allerdings bereits durch und durch faul war.

Noch heute sind in Italien die Fruchtgärten von grosser Bedeutung und erfordern deshalb eine besondere Pflege. Zur höheren Ausnützung der Gärten und weil die Luft heisser ist und trockner, musste man in Italien die Gärten und Felder vielfach künstlich bewässern. Man sieht die künstliche Bewässerung noch heute im Süden. Aber das brauchte der Germane nicht. Sein bei den Südländern so übel verschrienes Land hatte das alles nicht nötig. Ohne sein Zuthun spendete die heimatliche Erde ihm reichlich das Notwendige und mehr brauchte er nicht. Denn das Land war nicht so übervölkert wie damals Italien, und hatte nicht solchen Verbrauch, keinen solchen Handel und Wandel. Wald und Gras bot es in unendlicher Fülle. So verschwenderisch mit Gras, wie der Germane bei seinen vielen und üppigen Wiesen und Weiden, konnte der Römer nicht umgehen. Wie traurig steht es damit heute in Italien! Wiesen sieht der flüchtige Wanderer überhaupt kaum. Wie kümmerlich schneidet oft genug der Italiener an Rainen und Wegen mit der Sichel sein bischen Griinfutter zusammen! Wie ganz anders bei uns, wenn in vollen Schwaden auf der fetten Wiese vor der Sense das Gras dahin­sinkt! Ich glaube, jeder Deutsche, der mit vollen Zügen von Jugend auf draussen auf dem Lande, in der Freiheit, die heimatliche Luft ein­gesogen, wird sich trotz aller Herrlichkeiten auf die Dauer in Italien nicht wohl fühlen. Überall fehlen ihm da unsre grünen Wiesen, die das Auge so wohlthuend berühren und Herz und Gemüt erfrischen, überall fast die Fracht unsrer schattigen Wälder. Welcher Anblick im deutschen Gebirgswald ein einziger bemooster Steinblock mit seinem leuchtenden Farbensehimmer, und wo fände man ihn im Süden, wo alles ausgedörrt von der Sonne. Ich weiss, wie enttäuscht schon manche zurückkehrten, die da unten dieses frische Leben suchten und nicht fanden.

Also was hatten die alten Deutschen nötig, viele Künsteleien zu treiben, wo ihnen Frau Holla und Harke mit vollen Armen ihre Gaben ausstreuten. Gartenwirtschaft wie in Italien allerdings war nicht. Wein und Olive, Feigen und Mandeln und Pfirsich, Apfelsinen und Zitronen sind wertvolle Früchte, aber davon wusste Deutschland nichts. Noch heute, auch grade bei uns in der Mark, findet man unzählige Landleute, die vom höheren Obstbau nichts verstehen, selbst viele, die überhaupt nichts davon wissen wollen. Und viel ärger sah es noch aus vor 50(JO Jahren! Wiesen abgrenzen bei den Germanen! Wozu? Das waren ja, wenigstens vorherrschend, alles Gemeinde - Hutungen. Denn