Heft 
(1896) 5
Seite
235
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Ursachen des Fischsterbens und Fischmangels in der Spree und Havel. 235

Ursachen des Fischsterbens und Fischmangels in der Spree und Havel.

Von Karl Poetters.

I.

Das vorjährige September- und Oktober-Heft der Monatsschrift bringt mehrere Berichte des Berliner Tageblattes aus den Jahren 1885, 1886 u. s. w. über Fische und Fischerei der Provinz Brandenburg sowie über das massen­hafte Absterben der Fische in Spree und Havel. Als Ursache hierfür werden in erster Linie Elektrizitätserscheinungen und Blitzschläge mit vorauf­gegangener unnatürlicher Hitze genannt; dann nimmt man auch an, dass die Verunreinigung des Wassers die Schuld treffe.

Ich habe, früher noch mehr als jetzt, seit etwa 30 Jahren Gelegenheit gehabt, mich mit den Fischereieinrichtungen und dem Fischfang sowohl auf der Ostsee, als auch auf Binnengewässern näher zu beschäftigen, und glaube nach den bisher gesammelten Erfahrungen der Behauptung entgegentreten zu können, dass das massenhafte Absterben der Fische in Spree und Havel nach Gewittern auf elektrische Entladungen in diese Gewässer zurückzu­führen ist.

Mehr wie einmal sah ich den elektrischen Strahl aus gewitterschwangeren Wolken in das Wasser fahren, oft in solcher Nähe, dass meine Augen von der Schärfe des elektrischen Lichtes geblendet waren, nie aber sah ich darauf ein so massenhaftes Absterben der Fische, wie es hier in Berlin nach jedem Gewitter der Fall ist.

Ich habe nur bemerkt, dass sich bei den Fischen, wie man dies auch bei den Landtieren vielfach findet, eine gewisse Unruhe bemerkbar macht, wenn, wie die Volksrede lautet, ein Gewitter in der Luft liegt; sonst aber schützt das wässrige Element seine Bewohner in vorzüglicher Weise und dies wissen die Fische auch, denn sie suchen bei Gewittern stets die tieferen Stellen auf, wie wir Menschen Schutz in unsern Häusern suchen.

Weilt man bei Gewittern an grösseren Binnenseen, z. B. bei Gransee, Lychen etc., so wird man vergeblich auf ein Fischsterben nach dem Ge­witter und diese sind hier ziemlich heftig warten, auch wenn man sah, wie ein oder mehrere Blitze in den See fuhren

Die Schuld an dem Massentod unter den Fischen in Spree und Havel trägt ganz allein die Verunreinigung der Gewässer durch Zuführung von Schmutzstoffen und den Fischen schädlichen Chemikalien. Eine Ahnung von den ungeheuren Mengen Schmutz, welche die Spree thalwärts führt, bekommt man an der Spreemündung bei Spandau und auf der Havelstrecke zwischen Spandau und Picheiswerder. Hier lagern sich zwischen den Buhnen die vom Strome mitgeführten Stoffe ab, vergeblich sucht man in diesem Sumpf nach festem Grund, hier ist im Hochsommer von Wasser nicht viel zu sehen, dagegen bilden krustenartige Moderstücke eine dichte Decke, zwischen