236 Ursachen des Fischsterbens und Fischmangels in der Spree und Havel.
welcher fortwährend Sumpfblasen aufsteigend Zeugnis von der kaum glaublichen Menge des abgelagerten Schmutzes ablegen. Dieser Schmutz, vom Strome fortgeführt, ist es ausschliesslich, in dem die Fische ersticken. —
Wie nun kommt dieser Schmutz in die Flüsse?
Für Fabriken an fliessenden Gewässern besteht die Vorschrift, dass ihre Abwässer durch eine Art Filter oder Senkgrube, in welchen sich die Abfallstoffe sammeln sollen, geführt werden. Sonderbarerweise findet man nun aber, dass die nächste Umgebung der das Fabrikwasser in den Fluss führenden Köhren stets verschmutzt ist; fettglänzend erscheint die Oberfläche des Wassers. Schmutz bildet den sumpfigen Boden, dem auch hier schlechte Gase entsteigen. Vergeblich sucht hier der Fischer sein Wild. Die fettglänzende Wasseroberfläche ist doch aber nur ein Beweis dafür, dass das darunter befindliche Wasser auch infiziert ist, da Fett bekanntlich oben schwimmt. Dies Fett stürzt aus dem Leitungsrohr mit dem Abflusswasser in die Tiefe. Steigt nun ein Gewitter mit heftigen Niederschlägen auf, so ist dies die beste Gelegenheit, die Filter oder Senkgruben zu reinigen; der aufgesammelte Schmutz fliesst aus der Filter resp. Senkgrube mit dem Regenwasser in den Fluss oder, was auch vorkommt, die Filter oder Senkgrube wird geöffnet, um die günstige Gelegenheit einer bequemen Reinigung nicht ungenützt vorübergehen zu lassen.
Vielleicht glaubt man, die Fische werden ebenso wie wir Berliner mit zugehaltenen Nasen durch die mit Carbol und sonstigen Desinfektionsstoffen verpesteten Strassen wandern, um frische Luft zu schöpfen, sich auch nur in rein bleibendes Wasser flüchten, denn sonst ist es schwer zu verstehen, dass in Berlin bei starkem Gewitterregen die in die Spree führenden Notauslässe geöffnet werden, um den mit Carbol etc. durchsetzten, vom Regen in den Strassen zusammengespülten Schmutz in die Spree abzuführen, oder wie z. B. in den Landwehrkanal die Abwässer der Latrinen von Kaserne- ments etc. zu führen, ohne Rücksicht auf die hierdurch ein tretende Verpestung und Versumpfung des Flussbettes.
Leider ist der Fisch diesen Liebenswürdigkeiten gegenüber zu dumm, um für sich Vortheil daraus zu ziehen; in der Hoffnung, dass irgendwo noch ein Tröpfchen reines Wasser ist, schwimmt er, seinem Wesen entsprechend, immer weiter gegen den Strom, immer weiter in den Schmutz und sein Verderben hinein, bis er ermattet und halb erstickt, mit dem Bauch nach oben treibend, in den Tod geht.
Und wie leicht ist diesem Übelstande abzuhelfen, wie einfach das Mittel hierzu!
Ich wüll es beweisen.
Die Spree wird bei Berlin in Ober- und Unterlauf durch Schleusen getrennt; ist es nun erforderlich, dass bei Gewitterregen die Notauslässe in der Stadt geöffnet werden, warum öffnet man denn nicht für kurze Zeit auch die das Wasser sperrenden Schleusenthore, um eine grössere Zufuhr frischen Wassers und eine schnellere Strömung herbeizuführen? Geschähe dies, dann bliebe uns das widerwärtige Schauspiel des Massentodes unter den Fischen erspart. Gerade dieser Massentod ist doch Beweis genug dafür, dass das die Freiarchen passirende Quantum Wasser allein dem Übel-