Heft 
(1896) 5
Seite
238
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2B8 Ursachen des Fischsterbens und Fischmangels in der Spree und Havel.

II.

Wie ich glaube nachgewiesen zu haben, ist das Mittel zur Beseitigung der bei Gewittern in Berlin ein tretenden Verunreinigung der Spree ein sehr einfaches, denn die durch das Öffnen der Schützen hervorgerufene stärkere Strömung des Wassers drückt den aus den Kanälen in die Spree abfiiessenden Schmutz nach unten, der vom Schmutz im W T asser überraschte Fisch steigt nach oben, kommt bei der Strömung in reines, frisches Wasser und ist gerettet. Natürlich muss bei diesem Verfahren, wenn z. B. die Freiarche bei der Ober­baumschleuse des Landwehr-Kanals, oder diese selber geöffnet wird, auch die Schleuse im Thiergarten oder die Schützen der daneben belegenen Frei­arche geöffnet werden, um eine Hemmung des Wassers zu vermeiden.

Doch ein bedeutend grösserer Feind erwächst dem Fisch in der Industrie. Dort, wo Merkur sein Scepter schwingt, muss Neptun weichen, ausser stände, die Bewohner seines Elementes in nachdrücklicher Weise gegen die Gefahren, welche die Industrie und der Verkehr für die Wasserbewohner mit sich bringen, zu schützen.

Wie auf dem Lande, so schwindet auch im Wasser jede Idylle, wo die Industrie sich zeigt.

Wenn wir an Sonn- oder Wochentagen in einem Lokal an der Obersprec sitzen, oder auf dem Karlsberge bei Schildhorn ein Picknick veranstalten, dann wird das Auge durch den überaus reichen Schiffsverkehr auf Spree und Havel erfreut. Grosse und kleine Dampfer fahren bergauf oder thal- wärts, lange Reihen grosser Schleppschiffe hinter sich. Vergnügungsdampfer kreuzen Fluss und Seen und Ruderboote schiessen pfeilschnell über die Ober­fläche des Wassers dahin in alle Windrichtungen. Ist dies, das Auge und Herz erfreuende Bild ein Zeichen, dass Handel und Wandel im Lande blühen, so bildet dieses Bild doch gleichsam den Deckmantel für das, was unter der Oberfläche des Wassers vor sich geht und wie oben Freude herrscht, so führt unten die Trauer das Regiment.

Wie das ganze Dasein ein Kampf ist, in dem der Schwächere unterliegt, so bereiten hier, auf dem Wasser, Verkehr und Industrie dem Fischer und den Fischen den Untergang.

Tief graben sich die sogenannten Schraubendampfer in das Wasser ein, oft sogar noch den Grund resp. Boden des Flussbettes aufwühlend; in meter­langen Wellen stürzt das Wasser, welches bei Annäherung der Dampfer und infolge der Schiffsschrauben diesem zufloss zum Ufer zurück, dieses oft in Fetzen zerreissend, um sich hier nach wuchtigem Anprall wieder zu beruhigen.

Es wäre nun grundfalsch, eine solche durch einen Dampfer hervor­gerufene Welle mit der vom Winde verursachten vergleichen zu wollen, Denn, während erstere durch die Schraube des Dampfers in der Tiefe des Flussbettes hervorgerufen, in überstürzender Hast dem Ufer zueilt, setzt die letztere das Wasser in eine tänzelnde Bewegung, in welcher der Fisch sich ebenso wohl fühlt, wie wir in einem Bade bei bewegtem Wasser. Und wie der Fisch sich in diesem, vom Winde bewegten Wasser tummelt, so flieht er, um sein Leben kämpfend, das durch Dampfer aufgewühlte Wasser. Er will Schutz im Schilfe oder Gebinse suchen, doch vergeblich ist oft sein