Ursachen des Fischsterbens und Fischmangels in der Spree und Havel. 239
Bemühen, denn öde und kahl starren ihm die Ufer der Spree und Havel bei Berlin entgegen, immer weiter flieht er, bis er in den seenartigen Erweiterungen beider Flüsse hier und dort noch eine schützende Schilfinsel findet Doch auch hier scheucht ihn die Welle des Dampfers wieder auf, denn wie vom Wirbelsturme erfasst dreht sich in diesem Aufruhr das Schilf oft um sich selber.
Ein Tag und Nacht währendes Treibjagen verdrängt den Fisch aus unsern Gewässern. — Doch weiter, noch grössere Feinde des Fisches, wie die bisher geschilderten giebt es!
Wer kennt nicht die Rathenower Mauersteine — sie bilden ein Industrie- Produkt, welches sich durch seine Güte einen Weltruf erworben hat. Daher sehen wir denn auch unterhalb Potsdam beginnend, die Ufer der Havel von Ziegeleien umsäumt. Schornstein an Schornstein giebt uns Kunde davon, dass des heiligen römischen Reiches Streusandbüchse besser ist als ihr Ruf und die alte, sagenuimvobene Havelgegend Schätze birgt, wie sie kein Mensch hier vermutete.
Doch gerade diese Ziegeleien, insbesondere aber die zu ihnen gehörenden Thongräbereien, also Gruben, in welchen das Material zur Steinfabrikation gewonnen wird, sowie die vorhandenen Torfgruben und Torfmoore bilden meiner Meinung nach die grössten Feinde des Fisches, denn in diesen Gruben gehen alljährlich nicht Tausende sondern Milliarden von Fischen — vom kleinen Laich bis zum altbemosten Haupte zu Grunde.
Man sehe sieh doch im Frühjahr auf dem Lande um, wo Menschen und Vieh ausser Stande sind, die in diesenGruben gefangenen Fische als Nahrung zu bewältigen. Grosso Gruben werden gegraben, in welche man die in den Thongruben etc. gefangenen Fische begräbt, damit ihr Verwesungsgeruch die Luft nicht allzusehr verpeste. Man erkundige sich hierüber nur bei den Arbeitern, die in den Thongruben beschäftigt sind und schaudernd wird man sich von dem Massenmord abwenden, der den Untergang eines seit Anbeginn der Welt bestehenden Nahrungszweiges der Menschen bildet.
Auch auf diese Mängel ist in früheren Jahren bereits hingewiesen worden, leider aber vergeblich!
Wie aber wird in diesen Gruben den Fischen der Untergang bereitet? wird man fragen.
Hier die Antwort:
Wie ich schon früher bemerkte, sind die die Flussufer der Havel umsäumenden Wiesen häufig niedriger als jene, in jedem Falle aber so niedrig, dass bei Hochwasser im Herbst und Frühjahr sämtliche Wiesen mit den darauf Befindlichen Thon- und Torfgruben oft meterhoch unter Wasser gesetzt werden. Das Frühjahr bildet die Laichzeit des Fisches; um den Laichprozess vornehmen zu können, sucht sich der Fisch seichtes, von der Sonne durchwärmtes, ruhiges Wasser auf und da das Wasser im Flussbett infolge der vorhandenen Strömung sich nicht so leicht durchwärmt, auch nicht ruhig ist, so folgt er, vielleicht der Strophe jenes Studentenliedes ubi bene ibi patria gedenkend, insofern dein Wasser, als er singt: „ubi aqua ibi bene“ und läuft in sein Verderben. Er geht mit dem ausgetretenen Wasser auf die Wiesen, liegt hier seinem Laichgeschäft ob, umbekümmert darum, dass das Wasser