Heft 
(1896) 5
Seite
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240 Ursachen des Fischsterbens und Fischmangels in der Spree und Havel.

wieder fällt, dafür giebt es ja noch tiefere Stellen. Leider aber kann er nicht wieder heraus, denn die Tiefe war Täuschung. Sie bildet sein Gefäng­nis. Es ist eine Thon- oder Torfgrube, aber kein Fluss oder Graben, in welchen er gerathen ist. Bald sind die Ziegelei- und Torfarbeiter da, um mit Hand- und Dampfschnecken das Wasser aus den Gruben zu Schnecken und bald zappelt unser Fisch mit hunderttausenden seiner Genossen auf dem trocknen Boden in einer einzigen Grube.

Wie denkt man sich wohl diesem Massentod gegenüber die Abhülfe, die man durch zeitweises Einsetzen einiger tausend Stück sogenannter künstlich in Fischbrutanstalten ausgebrüteter Edelfische zu ttnden geglaubt hat? Man kann doch nicht behaupten wollen, dass diese künstlich aus­gebrüteten Fische klüger seien wie ihre in der Freiheit wenn ich so sagen darf gross gewordenen Kameraden und dass diese künstlich aus­gebrüteten Fische infolge höherer Intelligenz, nachdem sie in Freiheit gesetzt sind, das Befahren der Gewässer und die hierdurch hervorgerufene Unruhe des Wassers als etwas selbstverständliches hinnehmen, und dass sie die oben geschilderten Thon- und Torfgruben bei ihrem Laichgeschäft in der Freiheit vermeiden werden. Leider sind diese Fische ebenso dumm wie ihre frei geborenen Kameraden, und unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, erscheint das an sich nützliche Experiment mit dem Einsetzen der Sämlinge in Spree und Havel wie der Versuch, ein Sieb mit Wasser zu füllen.

Wie diesem Übelstande bezüglich der Thon- und Torfgruben abzuhelfen ist, ist allerdings schwer zu sagen. Eine Erhöhung der Spree- und Havel­ufer, um das Üebertreten des Wassers und der Fische auf die angrenzenden Wiesen und Äcker zu vermeiden, ist nicht durchzuführen. Es bliebe daher nur eine Umwallung der Thon- und Torfgruben übrig, dies aber dürfte die betr. Grubenbesitzer schädigen.

So sehen wir auch hier, wie der Fisch unserer Heimathgewässer un­rettbar dem Untergange verfallen ist.

Alles, was sich sonst noch als Feind des Fisches zeigt, Mensch oder Tier, kann Schäden, wie oben geschildert, nicht anrichten, worauf ich noch zum Schluss aufmerksam machen möchte.

Das alte Fischereigesetz kannte, wie das jetzt bestehende, eine Schon­zeit, nur war nach dem alten Gesetz die sogenannte Raubfischerei, d. h. das Fischen mit Zugnetzen innerhalb der Schonzeit verboten, während das neue Gesetz diese letztere Fangweise an bestimmt festzusetzenden Tagen gestattet. Das alte Fischereigesetz kannte auch keine besonderen Laichschonreviere, wie das jetzt bestehende. Wie nun, wenn der Fisch in der Laichzeit das_ Gesetz Übertritt und dort laicht, wo es ihm gefällt, so kann doch der Fischer dem Fisch an der freiwillig gewählten Laichstelle mit dem Zugnetz nach­stellen, ohne sich hierdurch strafbar zu machen. Schädigt er sich und sein Gewerbe hierdurch auch selbst, so ist ihm der augenblickliche Gewinn, den er durch einen reichlichen Fang erzielt lieber, als später die dürftige Ein­nahme durch mühevolles Nachstellen des Fisches. Denn mühevoll und voller Gefahren ist der Beruf des Fischers, gering und unbedeutend, ihn oft kaum nährend, sein Verdienst. Dabei muss er fast stets Grundstückseigentümer sein, da mit diesem, nicht mit seiner Person die Fischereigerechtigkeit ver-