Kleine Mitteilungen.
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schnitten, ausgehöhlt und mit Butter, Zucker, gestossenem Zimmt und Korinthen gefüllt. Darüber wird kochendheisse Milch gegossen und die aufgeweichte Masse mit dem Löffel gegessen. Eben wegen dieser heissen Milch heissen die Brötchen Heiss-Wecken. Auch in Greifswald ist im übrigen der in früheren Jahrhunderten üblich gewesene Name „Wecke“, „Wecken“ verschollen. An manchen Orten stellen erfinderische Bücker diese Wecken aber auch schon ab Weihnachten her.
3. Striezel (Strietzel, Stritzel, in Berlin aber stets mit langem „i“). In den ebengenannten plattdeutschen Gebieten und in der westlichen Mark nicht herkömmlich. Die Striezel ist seit Alters in Berlin, den örtlichen Teilen der Mark und in den zur Niederlausitz gehörig gewesenen Teilen der Provinz Brandenburg üblich, so viel ich weiss, eigentlich wohl immer in Verbindung mit dem Glück und Schlaf bringenden Mohn als „Mohn-Striezel“. Der Gebrauch des Mohnes ist echt wendisch, ebenso verbreitet als im ganzen weitesten Wendland das Backen der Striezel. Es ist daher nicht nötig, wie es in dem beregten Aufsatz geschieht, dies wendische Wort im besonderen aus dem Böhmischen (Tschechischen) abzuleiten.
Für die gewöhnlichen Striezeln nimmt man zum Bestreuen weisse oder blaue (schwarzgraue) Mohnkörner. Früher hat man die Striezel auch mit gefärbten Mohnkörnern bestreut. Seit vielen Jahren wird der bunte Mohn jedoch einfach durch buntgefärbte Zuckerkügelchen ersetzt. Das Charakteristische bei der Striezel als Weihnachts- oder Neujahrs-Gebäck ist gerade diese Bestreuung mit möglichst vielen Glückskörnchen. Dies führt uns von selbst auf ein weiteres Weihnachts-, Sylvester- uud Neujahrs-Gericht, die Mohn-Pielen.
4. Mohn-Pielen. Wenn der gelehrte Professor Paulus Cassel „Mohn-Pillen“ schreibt und auf diese Weise das Wort mit dem Erzeugnis der Apothekerkunst, welches niemand gern schluckt, in Verbindung bringt, so kann ich darauf nur sagen, dass niemand in Berlin oder der Provinz Brandenburg anders wie „Bielen“ bezw. „Mohnpielen“ spricht, also mit langem „i“. Piele und Pille mögen immerhin sinnverwandt sein wie „Stulle“ und „Stolle“, denn „Piele“ bedeutet ein Körnchen oder ähnliches, z. B. ein Mohnkörnchen, ein Fischroogenkörnchen, die kleinen noch ganz jungen Erbsen in der Schoote. Das Zeitwort „paalen“ ist mit Piele verwandt und besagt dementsprechend auskörnen, so in der Mark Brandenburg „Schooten auspaalen“, d. h. die vorerwähnten noch sehr kleinen Erbsen aus der Hülle herausstreifen. Da Körner, wie unter Nr. 3 angedeutet, Glück, Geld und dergl. bedeuten, so wird Mohn, wie Karpfen-Eoogen und Kaviar (hergestellt aus dem Koogen des Hausen und anderer Acipenser-Arten) an den gedachten Feiertagen verschenkt und verzehrt.
5. Pfannkuchen. Das in Berlin immer nur also, ausserhalb Berlins dagegen stets „Berliner Pfannkuchen“ oder „Krapfen“ genannte Gebäck, dessen Teig mit Bärme (Gest) eingerührt und in Schmalz schwimmend gebacken wird, ist „bereits“, unter die Weihnachtsgebäcke zu zählen. Da aber dort die ungezählten anderen Gebäcke (Stollen, Striezel, Baumkuchen, Lebkuchen, Honigkuchen, Pfefferkuchen, Leckerli u. s. w.) in Mitbewerb treten,
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