Heft 
(1896) 5
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BUcherschau.

um Alt und Jung den Magen zu verderben, so kommt der Berliner Pfann­kuchen erst in der Zeit nach Weihnachten, zum Sylvester, zu Neujahr, so recht eigentlich zur Geltung. Seine grössten Triumphe und Orgien feiert er zu Fastnacht. Bemerkt muss noch werden, dass man in vielen Teilen Nord­deutschlands, z. B. Schleswig Holstein, Lauenburg, Hamburg, Bremen, Lübeck, Mecklenburg, Pommern, unterPfannkuchen schlechthin, ganz etwas anderes, namentlich die in der Pfanne gebackenen dünnen Fladen versteht, die man in Berlin und vielen anderen Orten DeutschlandsEierkuchen nennt (wer nobel sein will sagtOmelette, Omelette aux confitures, Omelette aux fines herbes u. dergl. m.). Der eigentliche traditionelle Eierkuchen wird nicht mit Kompot, sondern mit Sahne, Speck, Eiern, Salat, Wurststückchen etc. garniert und verzehrt. Das Süssen des Eierkuchens und die Zugabe von geschmortem Obst, Fruchtgallert, Marmelade etc. dürfte erst spätere Uebung sein. Im angelsächsischen England und in den Teilen der Vereinigten Staaten, wo angelsächsiche Küche herrscht, kennt man die Berliner Pfannkuchen seit unvordenklicher Zeit ebenfalls, jedoch unter dem Namendough nuts (Teig- Nüsse). Diese Gebäcke sind kugeliger, mehr kartoffelförmig, während der Berliner Pfannkuchen, um mich mit Lieutenant Reiff-Reiffenstein mathematisch auszudrücken, ein Rotations - Sphäroid darstellt. Diese amerikanischen Weihnachts- Pfannkuchen sind nach meinem Geschmack entsetzlich schwer, fett und unverdaulich, so dass ich nur durchaus einer der erfahrensten amerikanischen Hausfrauen, der Frau Colonel Miller in New York, die selbst ein Kochbuch verfasst hat, beitreten kann, welche mir von den nord­amerikanischen Pfannkuchen sagte: they are more for farmer-daughters (sie sind mehr für Bauern-Töchter). Ernst Friedei.

Bücherschau.

Karl Meyer: Führer über das Kyffhäusergebirge sowie durch Stolberg und Umgebung. Nordhausen 1896. Verlag von Fr. Eberhardt. Die Einweihung des von den Kriegervereinen (Vorsitzender unser verehrtes Mitglied Stadtverordneter Carl Diersch) gestifteten, am 18. Juni d. J. unter Teilnahme des Kaisers, hat die Aufmerksamkeit nach der Kyffhäuserruine, einem wahren Heiligtum des Deutschen Volks, gelenkt und heissen wir den mit Karten und Abbildungen sowie mit geschichtlichen Nachrichten bestens ausgestatteten Führer, der in Karl Meyer den berufensten Verfasser gefunden, gern willkommen. Meyer unterscheidet einen dreifachen Sagenniederschlag. Der Berg ist zunächst eine den germanischen Göttern gewidmete Kultus­stätte gewesen, unter denen der rotbärtige Donar am deutlichsten hervortritt. In der Zeit des staatlichen und sittlichen Zerfalls wird hierauf zunächst die Heldenfigur des im Morgenlande ertrunkenen, für das Volk verschollenen Kaisers Rotbart (Friedrich I. von Hohenstaufen), gewissermassen auf-