Issue 
(1896) 5
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8. (7. ausserordentliche) Versammlung des 5. Vereinsjahres.

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neu aufgebaut worden ist. Die Strassen sind äussert sauber gehalten und die Häuser im guten Stande. Die elektrische Strassenbeleuchtung war schon fertig gestellt und sollte in den nächsten Tagen in Gang gesetzt werden. Prächtig ist der Marktplatz mit dem Rathaus, dem Lindenweg und dem Kriegerdenkmal. Letzeres ist von einem einhei­mischen Künstler geschaffen und besteht aus einem Obelisk, an dessen Fusse sich die mosaikartige Inschrift befindet:Gott die Ehr, Jugend­wehr, Weiser Rat, Mannesthat. ln der Königstrasse, welche dux-ch das Berliner Thor nach dem Bahnhof hinausführt, steht die St. Georgen­kapelle, ein gotischer Bau aus dem 14. Jahrhundert, welcher bei dem erwähnten Brande verschont blieb. In dem daneben befindlichen Ho­spital sind einige alte Holzschnitzereien aufbewahrt. An dem Ziegel­mauerwerk der Kapelle sind die vielbesprochenen eingeriebenen Näpfchen und Rillen vielfach zu finden, deren Zweck noch immer nicht überzeu­gend aufgeklärt ist. Die beachtenswerteste Sehenswürdigkeit der Stadt bildet die Mauer mit ihren Thoren und Türmen. Die Köuigstrasse schliesst mit dem Berliner Thor, dasselbe ist dreistöckig mit spitzbogiger Durchfahrt. Nach der Stadtseite ragen über der Einfahrt aus der Mauer zwei Feldsteine heraus, über deren Zweck die Meinungen eben­falls auseinander gehen. Nach einer in der Stadt verbreiteten Meinung sollen auf den Steinen, die unregelmässig verwittert sind, Götzenbilder gestanden haben und waren die Steine als Kuriosität in dieser Weist 1 auf bewahrt. Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass die Steine zur Ausrüstung des Turmes dienten und mit der Befestigung bezw. mit der Bedienung des letztem Zusammenhängen. Die Mauer ist in ihrem

ganzen Umfange sehr schön erhalten, sie ist aus Feldsteinen aufgeführt, an ihrem Grunde l,ö()m stark und reicht etwa bis an die Dachtraufe der Häuser. Auffallend ist in derselben ein eingefügter Mahlstein, ein trogartiger Granit, wie ilm die Ureinwohner in der vorwendischen Zeit vielfach zum Zerkleinern des Getreides brauchten. In der Volksmei­nung gilt derselbe für den Fusstapfen eines Riesen. Diese Mahltröge werden im plattdeutschen GebietITünenhacken genannt. Die Maria- Magdalenenkirche bildet den Mittelpunkt der Stadt; sie ist, abgesehen von dem Granitgemäuer des Turms, im Jahre 1741) neu erbaut und 1878 restauriert worden. Das Innere derselben ist schlicht und einfach. Neben der Kirche ist vor fünf Jahren dem Kaiser Friedrich ein Stand­bild aus bronziertem Hartguss errichtet worden, das die Umschrift trägt: Dem Vaterland starbst Du zu früh, das deutsche Volk vergisst Dich nie. Vor dem Prenzlauer Thor, das aus zwei Türmen besteht, die durch einen verdeckten Gang mit einander verbunden sind, liegt der Eichwerder. Ei 1 bildet einen basteiartigen Vorsprung vor der Mauer und reicht bis au den Kanal heran. Es haben sich hier vielfach Scherben des 12. bis i4. Jahrhunderts gefunden, so dass der Vorsprung auf eine