11. (2. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.
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einigen kranzförmig gestellten Linien oder Eindrücken. Immerhin tdieb die Form, abgesehen von der geringeren Tiefe, noch dieselbe, wie vordem. Als dann aber ein mächtig anstrebender Kunstsinn seinen Einfluss auf alle Gewerbe ausübte, entzieht sich ihm auch die Töpferei nicht mehr. Sie entnimmt dem Formenschatz der Spätgotik eine Fülle von Modellen zur flacherhabenen Ausführung an den Kacheln und um diese künstlerischen Ornamente voll zur Schau zu bringen, wird die bisherige Bodentläche der Kacheln vollständig vorgeschoben, so dass sie zur Kopf- tläche wird. Die ursprüngliche topfförmige Kachel hat damit eine, zwar in den Umrisslinien noch gleiche, aber im Abschluss völlig umgekehrte Gestaltung erfahren, wie Fig. b im "Vergleich zu Fig. a zeigt; das Zweckmässigkeits-Prinzip ist dem verfeinerten Geschmack geopfert. Bald verliert sich dann auch die alte Kachelform. Während der Ofen bisher durch die Tiefe der Kacheln, bezw. der Wandung, seine Festigkeit erhielt, dabei aber von unnötig grossen Dimensionen war, begann man in der ersten Ilälfte des 1(\ Jahrhunderts diese Kolosse etwas einzuschränken, indem man die Kacheln flach, mit niedrigen Falzen, zugleich grösser formte und die Festigkeit des Ofens durch Eisenstäbe und Eisen- platten unterstützte. In jener Form des lfl. Jahrhunderts haben sich die Ofenkacheln im allgemeinen noch bis jetzt erhalten.
Die Ornamente dieser 3 Kacheln, wie auch der in Neu-Zelle wieder verwendeten, sind alle flach relief gehalten und zeigen die verschiedensten Motive in spätgotischer Auffassung. Die eine ziert ein gotischer Wappenschild mit einem Adler; da der Adler kein Attribut hat, so ist es schwer, zu entscheiden, ob es der Polnische oder Schlesische oder Brandenbur- gische «der der Reichsadler sein soll. Nach den lokalen "Verhältnissen ist vielleicht der Schlesische gemeint. Die zweite zeigt zwei Papageien, im Gezweige einer Eiche sitzend; ein ähnliches Motiv, noch bereichert durch Putten, findet sich auf einem Kachelscherben, der im Spreegrunde am Mühlendamm zu Berlin gefunden ist und den ich im vorigen Jahre mit anderen Spreegrundfunden vorlegte (cfr. Brandenburgia, 1895 S. 219 Nr. 11837). Das Bild der dritten Kachel ist schwieriger zu erkennen. Es scheint einen Turm oder Kirche, Lade, Reliquiarium darzustellen, zu dessen beiden Seiten eine männliche und eiue weibliche Figur sitzen, die ein Spruchband vor sich haben. Im Hintergründe der beiden Figuren erscheinen je 2 flügelförmige Aufsätze, welche die Figuren auch als Engel erscheinen lassen könnten. Unten ist ein schmales Feld mit gotischem Rankenwerk angebracht.
c) Die Hacksilberfunde von Gralow.
Kaum hatte das Märkische Provinzial-Museum im vergangenen Winter eine Schrift über die Hacksilberfunde, speciell über die im Museum befindlichen, veröffentlicht, als wiederum ein solcher Fund von Herrn Rittergutsbesitzer Honig als hochherziges Geschenk einging, der