12. (3. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.
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christlichen Jahr legt es mir nahe, aus dem Archiv des Märkischen Provinzial-Museums das nachfolgende aus dem Kreise Luckau eingegangene Schriftstück in unserer Brandenburgs mitzuteilen.
„Dem vorehelichen Märkischen Provinzial-Museum übersende ich hiermit ein altes Wachslicht als Geschenk.
Hier in Kirchhain in der Nieder-Lausitz besteht seit uralten Zeiten die Einrichtung der Christmesse. Dieselbe beginnt am 1. Weihnachtsfeiertag frühmorgens 6 Uhr und es werden dabei die sogenannten „Leuchter“ (grosse pyramidenförmige Gestelle mit zahllosen Lichten), welche alljährlich von den „Leuchterbauer-Gesellschaften“ schon mehrere Wochen vor dem Feste hergerichtet werden, angezündet. Zu dieser Messe strömt die Bevölkerung viele Meilen in der Runde hier zusammen; die Kirche ist gedrängt voll, die Andacht abgelenkt und gering.
Die Geistlichen und der Gemeindekirchenrat erhalten alljährlich zu Weil machten und zwar zur Benutzung bei der Christmesse von der Kirchengemeinde Wachslichte als Geschenk. Auch der Amtsrichter erhält nach alter Gepflogenheit ein solches Licht. Während dieselben jetzt ganz einfach aus weissem Wachs hergestellt sind, waren sie früher, d. h. vor etwa 75 Jahren, häufig reich verziert und bemalt. Ein solches altes Licht ist das beifolgende der Frau Wittwe Hauptvogel hierselbst, gehörig gewesene, welche dasselbe von den Eltern ihres verstorbenen Ehemannes im Jahre 1856 als etwas schon sehr Altes bekommen hat.“
' Kirchhain N.-L., den 13. Januar 1895.
gez. Dr. Philippi, Amtsrichter.
Das noch ungebrauchte Wachslicht ist 29,05 cm lang und hat 1,07 cm Durchmesser. Unten, wo es eingesteckt wird, ist es braun wie lackirt. Die Malerei besteht aus dem Bilde eines Landmädchens, das einen Tragebalken auf den Schultern führt, an dem je ein Henkelkörbchen rechts und links an einer Schnur hängt. Nach der Hutmode möchte man auf die zwanziger oder dreissiger Jahre dieses Jahrhunderts schlossen. Über dem Mädchen eine gepflückte rote Rose, darunter eine andere Blume, auf der Rückseite noch 2 dergleichen.
Diese Mitteilung des Herrn Philippi hat wegen der in manchen Kreisen noch immer für dunkel gehaltenen Herkunft unserer heimischen Weihnachtsfeier und unsers heimischen Christ- oder Weihnachtsbaums besonderes Interesse. Bei einer geschichtlichen Entwickelung und Erklärung aber des Christfests, der Christmette und des Christbaums sind primitive Anschauungen, wie sie den Ariern und Semiten von jeher eignen, daneben aber speziell Jüdische, Römische, Germanische, sowie Slavische Elemente und Einflüsse, welche vom christlichen Kultus übernommen wurden, zu unterscheiden.
Jedes Element hat beigesteuert. So kann man, nach Mannhardt: „Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme“
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