12. (3. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.
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aucli Geistliche gehörten, zur Mette. Ara Dreikönigstage (Grossneujahr, 6. Januar) kamen die Kinder, „die Meyen schüttlin,“ also die Tannen- bituine zu plündern.
Tille (S. 257, 2P8) fixiert dagegen 1605 als das bis jetzt bekannte früheste .Jahr des Weilinachtsbaums. In einer dieser Zeit angehörigen Handschrift eines ungenannten Verfassers „Memorabilia quaedam Argeri- torati observata“ heisst es: „Auff Weihnachten richtet man Dannen- bäuin zu Strasburg in den Stuben auff, daran hencket .man roszen auss vielfarbigem papier geschnitten, Aepfel, Oblaten, Zischgold, Zucker“ u. s. w.
Dass das bekannte Bild von C. A. Schwerdtgeburth „Weihnachten in Luthers Hause“ darin den mit Lichtern geschmückten Tannenbaum frei phantasiert hat, bedarf kaum der Erwähnung. Noch schlimmer ist der Anachronismus, den Victor von Scheffel begeht, wenn er im 10. Kapitel seines Ekkehard die Herzogin Hadwig auf dem Hohen Twiel ihrem Gesinde unter einem äpfelgeschmückten Lichterbaum bescheereu lässt. Damals beschenkte man sich, wie noch jetzt in England und Frankreich, ohne Baum und zu Neujahr.
Vielfach zitiert wird in den Gelegenheitsschriften über den Weihnachtsbaum die Angabe bei Mannhardt, Baumkultus 1875 S. 239, insbesondere soweit Berlin in Frage kommt. „Das protestantische Norddeutschland hegt ihn seit geraumer Zeit in seinen Städten (nach Oldenburg soll er gegen das Ende des 18. Jahrhunderts gekommen sein), aber dem niederdeutschen Bauer in der Provinz Preussen, in Pommern, Mecklenburg, Holstein u. s. w. war er noch in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts fast unbekannt.*) Schleiermacher in seiner 1805 zuerst erschienenen „Weihnachtsfeier“ und Tieck (Novelle Weihnachtabend) erwähnen ihn noch nicht als Bestandteil der Festfeier in Berlin.“ — Wilhelm Schwartz bemerkt hierzu „Indogerm. Volksgl.“ 1885 S. 38. „Wenn Mannhardt übrigens das Alter des Weihnachtsbaumes in der Mark und speziell in Berlin nach den daselbst angeführten Gelegenheitsschriften von Schleiermacher und Tieck bezweifelt, so ist er im Irrtum, wie ich wohl einmal Gelegenheit haben werde, eingehender auszuführen, da der betr. Fall gerade für seine sogen, historische Basis im allgemeinen nicht uninteressant ist. Hier nur so viel, dass ich schon in der Tradition meiner Familie den Weihnachtsbaum daselbst bis "weit in das vorige Jalirh. hinein verfolgen kann, und wenn es nicht in den Märkischen und Norddeutschen Sagen von Kuhn und mir ausdrücklich berichtet worden, so hat es nur den Grund, weil es uns als Berlinern so bekannt und unbezweifelt war, dass jede Erwähnung unnötig schien. Allerdings
*) Stimmt auch nach meinen Erfahrungen. So kannten z. B. der Grossvater und die Grossmutter meiner Ehefrau, beide 1797, jener in Güstrow, diese zu Friedland in Mecklenburg geboren, in ihrer Jugend den Weihnachtsbaum noch nicht und vermochten sich deshalb auch später nicht besonders für ihn zu erwärmen. E. Er.