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12. (3. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.
Schmidt*) hat sich fast nur in der Umgebung Potsdams und Berlins aufgehalten und eine glückliche Aufmerksamkeit für jegliches Folklore an den Tag gelegt. Das Lied, um 1795 entstanden, lautet:
1. Das Schneedach fegt des Sturmes Saus, die Ofenflaramen zittern.
Die Kinder bleiben gern zu Haus und denken nicht an schlittern;
Denn sieh! Der Abend graut, und Ruprecht kommt, und baut Für jedes bald ein Tischen auf, und legt gar schöne Sachen drauf.
2. Im Nebenzimmer kramt er schon den Quersack aus und tuschelt.
Und horch! wie sacht er jetzt darin entlang die Wände raschelt.
Nun hebt der Jubel an, die Tür wird aufgethan.
Sieh da die Tischchen, weiss gedeckt, voll Kerzen grün und
rot gefleckt.
3. Hinein stürmt Bub’ und Mägdlein tiugs, zu sehn, was ihm beschieden: Vor allem prangt von grünem Bux ein Wäldchen Pyramiden Mit goldnen Nüssen dran; hier nickt ein Sägemann,
Dort grünt ein Busch mit Lämmern drin, bewacht von Hund und Schäferin.
4. Nussknacker stehn mit dickem Kopf bei Jud’ und Schornsteinfeger.
Hier hängt ein Schrank mit Keil’ und Topf, dort hetzt den Hirsch der Jäger. Hier ruft ein Kuckuk, horch! und dort spaziert ein Storch,
Mit Äpfeln prangt der Tannenbaum, und blinkt von Gold-
und Silberschaum.
5. Zu Pferde paradiert von Blei ein Regiment Soldaten,
Ein Sans fagon sitzt frank und frei gekrümmt und münzt Dukaten,
Und alles schmaust und knarrt; Trompet und Fiedel schnarrt.
Fern stehn die Alten, still erfreut, und denken an die alte Zeit.
6. Nun Mutter! ob dem lieben Brauch sei recht vergnügt und keife Heut Abend nicht, du Vater auch, und bräch’ auch deine Pfeife In hundert Stücken heut, da alles jauchzt und schreit,
Und, weil so hell der Wachsstock brennt, voll Freude durcheinander rennt.
7. So geht’s bis in die späte Nacht, und selbst das Kleinste hätte Sie ohne Schlummer gern durchwacht, doch Mutter ruft: zu Bette!
Und jedes macht zur Ruh nur halb die Augen zu,
Und wünscht: o wär’ es Morgen doch! und sieht im Traum die Lichter noch.
*) Vgl. über seine Persönlichkeit meine Angaben im Monatsblatt der Brandenburg^ V. S. 269, geb. 23. Mai 1764 in Fahrland bei Potsdam, zuerst Prediger am Invalidenhause zu Berlin, dann Pastor zu Werneuchen, woselbst er 26. April 1838 verstarb.