Heft 
(1896) 5
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12. (3. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.

handen, für deren Zeitschätzung gar kein Anhalt gegeben ist, weil jedes Zeichen, Legende oder Marke daran fehlt.

Der relative Mangel an Glocken aus dem 12. und 13. Jahrhundert in dem weiten Gebiet der Provinz Brandenburg erklärt sich zu einem Teil aus der geschichtlichen Überlieferung, dass der erste holien- zollernscbe Kurfürst zum Schutze des Landes genötigt war, viele Kirchen- glocken, darunter auch Berliner, zum Geschützguss zu verwenden. Die meisten aber dürften im Laufe der Jahrhunderte zu neuen Glocken um­geschmolzen sein, weil sie schadhaft geworden waren und nicht mehr guten Klang gaben. Die Beschädigung war mitunter ans abergläubischen Vorstellungen geschehen, wie das Beispiel der sogenannten Armsünder­glocke aus der Berliner Gerichtslaube zeigt, von der im Laufe der Jahr­hunderte fast die Hälfte des Metalls in kleinen Stückchen abgezwickt worden ist, weil das Tragen derselben Glück bringen sollte. (Vgl. Buchholz, Berlinische Altertümer im Mark. Museum, S. 04.)

Zu einer Behandlung der märkischen Glocken aus dem 14. und späteren Jahrhunderten ist hier kein Baum gegeben; ebensowenig zu dem mit Glocken in Beziehung stehenden Wunderglauben, Sagen u. s. w.; nur einer in Wachow in Havelland befindlichen Glocke möchte ich Er­wähnung tliun, weil sie an die unglücklicheschöne Giesserin aus Joachims II. Zeit, die Wittwe des Stiickgiessers Dietrich erinnert. Diese Glocke hat die Inschrift;Nickel Dietrich aus Luthringen ghoss mich 1550.

Was nun dies mm erschienene Werk anlangt, so ist es das Ergeb­nis einer vieljährigen mühevollen Arbeit des Pastors Schubart in Ballen­stedt a. II. Er hat sämtliche Glocken Anhalts, ö94 an der Zahl, selbst aufgesucht, ihre Grössen, Inschriften, Zeichen Giesser und Gusszeit möglichst festzustellen versucht. Der schematischen Übersicht entnehmen wir, dass aus dem 11. Jahrhundert 11 Glocken', aus dem 12. 23, aus dem 13. 01 und aus dem 14. 45 vorhanden sind; doch trägt von allen Glocken des 11. bis 13. Jahrhunderts nur eine die Jahreszahl, nämlich die zu Drohndorf, aus deren Legende der Verfasser die Zahl 1093 zu entziffern versucht. Die nächst- und zuverlässig-datierte ist die im Schloss Coswig mit der Jahreszahl 1330.

Als wichtigstes Merkmal für undatierte Glocken des 11. Jahr­hunderts bezeichnet Verfasser, abgesehen von urkundlichen Belägen, die vertieft eingegossene Inschrift, fermer frühromauisehe Zeichen im Guss. Danach hält er für die älteste die zu Rosslau, dann folgen die zu Rieder, Elsdorf, Gross Kühnau, Waldau Drohndorf, Criichern, Gernrode und Grossbadegast. Die frühromanische Glocken form ist eine mehr längliche.

Von den vielerlei auf den Glocken befindlichen bildlichen Dar­stellungen erscheinen die Brakteaten-Krünze am interessantesten. Leider