Heft 
(1896) 5
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14. (5. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.

liehen Resten liegen selbstredend die wendischen Wirtschaftsreste, von denen allerdings ganze Massen bereits mit dem umliegenden Erdreich zur Auf- hölmng der benachbarten Wiesengrundstücke verwendet worden sind. Viele Sagen, so die vom Wenden-König, knüpfen sich an die geheiligte Stätte. Dieselbe kann recht eigentlich als ein National-Denkmal bezeichnet werden. Es ist bedauerlich, dass wir bislang trotz aller Bemühungen weder ein deutsches noch preussisches Gesetz zum Schutz der nationalen Denkmäler, wie es die Franzosen haben, besitzen.*) Hiernach kann nur im Verhandlungswege, aber doch auch noch dadurch eingewirkt werden, dass das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, welchem die Feststellung der Eisenbahntracen obliegt, die letztere nur unter Schonung des Be­standes des Schlossberges, der sich leider in geteiltem Privateigentum befindet, genehmigt. Hoffen wir, dass dies geschehe.

Die Versammlung tritt der Anregung des Vorsitzenden bei und beschliesst in Gemässheit des § 1 Nr. C der Satzungen eine Vorstellung an das Ministerium der geistlichen Unterrichts- und MedizinaLAnge- legenheiten.

3. Der Vorsitzende giebt zu dem von ihm im Sitzungsbericht der Brandenburgia vom ff Dezember 1892#*ehandelten ThemaDer Christ­baum und die Christmette folgenden Nachtrag.

Um die gegenwärtige Entwickelung der Sitte vom Gebrauch des Weihnachtsbaums für zukünftige heimatkundliche und kulturgeschicht­liche Forscher festzulegen, muss ich noch die gerade für Berlin so eigen­tümliche Gepflogenheit erwähnen, Tannenbäume auf den Gräbern teurer Entschlafener aufzupflanzen. Diese Sitte ist eine ganz neue, höchstens 15 20 Jahre zurückreichend. Sie hängt offenbar mit dem verallgemeinertim und gesteigerten Kultus des Christ- oder Weih­nachtsbaumes zusammen und lässt sich schrittweise verfolgen. Es lag nahe, in der rauhen Winterszeit, wo Blumenschmuck rar und teuer ist, Kränze aus Tamiengrün auf die Hügel zu legen. Als die Tannen billiger wurden, fing man an, die Oberfläche der Gräber zur Bewahrung ihres Epheu-Schmucks vor Frost mit abgehauenen Tannenzweigen zu bedecken. Dann richtete man auf Kindergräbern kleine Tannenbäume auf und da sich dies gut ausnahm, auch hie und da grössere Tannenbäume auf den Gräbern Erwachsener. Es fehlte nun nur noch, um den richtigen Christ­oder Weihnachtsbaum herzustellen, der Lichterschmuck. Auch dieser Sollte nicht ausbleiben. Es kam für einen Teil unserer Bevölkerung die alte Sitte, brennende Lichter mit dem Totenkultus in Verbindung zu bringen, hinzu, um der neuen Sitte Eingang zu verschaffen. Die Juden

*) Vgl. meine diesbezgl. Berichte auf den Generalversammlungen der deutschen Geschichtsvereine zu Hildesheim, Mainz, Metz und Posen, abgedruckt im_ Korrespon­denzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichtsvereine 1887 bis 1890.