Heft 
(1896) 5
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E. Lemke.

der Wanderungen unsererBraudenburgia! So viel ich aber weiss, hat noch kein Dichter liier einen ähnlichen Gesang für die Schriften des Vereins geliefert.) Die Vorgänge, welche Homer schildert, stimmen in ausserordentlicher Weise mit den heute üblichen überein. Wie alle Bildung und Kunstfertigkeit, so nahm auch die Töpferei ihren Weg von Griechenland nach den südlichen Teilen Italiens, um von hier in den Lebensorganismus des römischen Reichs überzugehen. Das Material, aus welchem die irdenen Gefässe z. B. zu Rlinius Zeiten hergestellt wurden, bestand aus rotem oder rotbraunem Thon; die Malerei be­schränkte sich auf eine Zeichnung in schwarzer Farbe. Die Erfindung der Töpferscheibe ist eine sehr alte, und es hat den Anschein, als ob die verschiedenen Völker ganz selbstständig darauf gekommen wären. Die Griechen schrieben die Erfindung dein Tales, einem um die Mitte des 12. Jahrh. v. Chr. lebenden Handwerker, andere wieder dem Theodorus von Samos zu; wahrscheinlich aber dürfte die Vorrichtung ein viel höheres Alter beanspruchen. Übrigens giebt es Völkerschaften, welche kreisrunde Gefässe von sehr bedeutendem Umfange ohne Anwendung der Scheibe herstellen, z. B. die Arowaken und Warauen in Süd-Amerika, die 56 Fass holte Töpfe lediglich durch Aufeinanderlegen dünner, langer Thonwulste fertigen. (1). n. Buch d. Erfind., Gew. u. Jnd., IV. Bd., 1866.)

Wenn wir die Gefässe betrachten, welche in unsern Museen als Zeugnisse älterer und ältester einheimischer Kultur aufbewahrt werden, so erkennen wir oft auf den ersten Blick, dass jene ohne Töpferscheibe hergestellt sind; manche Urnen sehen kläglich schief und überhaupt nicht regelmässig geformt aus, während man docli im allgemeinen über­raschende Kunstfertigkeit antrifft und nicht zum wenigsten die Anordnung und Ausführung der Ornamente anstaunt.

Der Mensch der neolithischen Zeit, d. h. der jüngeren Steinzeit, knetete den Thon, den er zum Herstellen von Gefässen benutzen wollte, mit grobem Sande durch, wodurch der Thon an Festigkeit gewann. Die aus freier Hand geformten Töpfe, Schüsseln, Schalen u. s. w. wurden bei einem sogenanntenSchauchfeuer schwach gebrannt. Die Gefässe zeigen nicht selten schon Henkel oder knopfartige Ansätze und tragen u. a. ein Ornament, welches' man als charakteristisch für die Steinzeit erkannt hat: das Schnur- oder Bindfaden-Ornament.

Dieses über den Kreis der Forscher hinaus bekannte Ornament ward durch sorgfältiges Auflegen oder festes Um binden und energisches Ab­drücken eines Bastfadens oder einer Schnur aus Pferdehaar u. s. w. hergestellt.

Daneben ist für die neolithische Zeit ein zweites Ornament äusserst charakteristisch: jenes, welches durch verhältnismässig tiefe Einstiche in den Thon entstanden ist.