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E. Lemke.
Schönen unter den jetzigen Naturvölkern die Arbeit der Töpferei zu verrichten hatten. Da mögen sie sicli gegenseitig mit „Mustern“ ausgeholfen haben, — ganz so, wie es heute die Damen bei Stickereien u. s. w. zu tliuu pflegen; nur lebte man damals nicht so schnell; man war also nicht so nervöse und nach Abwechslung verlangend, wie es heute der Fall ist, da der Dampf- und der Draht-Verkehr, das Fahirad u. s. w. zur Herrschaft gelangt sind. Man hielt an seinen Gewohnheiten ausdauernd fest, — Jahrhunderte lang; einUmstand, der jetzt der „Wissenschaft vom Spaten“ sehr zu statten kommt.
In Nord-Deutschland liebte man, wie auch anderwärts, das sogenannte Schachbrett-Muster, wofür die Funde in Tangermünde vortreffliche Beispiele liefern. Auch in Schweden (s. 0. Montelius, Die Kultur Schwedens in vorchr. Zeit) hat man dies ausdrucksvolle Muster angetroffen. Einigen Prähistorikern muss es aber als zu fein für diese Kulturperiode erschienen sein, daher sie es für eine spätere ansetzten, welches Schicksal (nach Yirehows Entscheidung) die Funde von Fürstenau, Kr. Rastenburg, Ostpreussen, erfuhren,’ 1 ') die man zuerst für römische angesehen hatte.
Bei derselben Gelegenheit —■ es war bei der im Jahre 1895 stattfindenden Konferenz in Sarajewo (Bosnien) — zeigte A. Voss die grosse Ähnlichkeit zwischen Funden von Butmir (Bosnien) und den neolithischen Stücken von Tordos an der Maros bei Broos in Siebenbürgen. Das Vergleichen scheinbarer Nebensächlichkeiten ist so wichtig für die vorgeschichtliche Forschung, dass ich hier ein wenig abschweife, um Ihnen, geehrte Anwesende, ein kleines Bild davon zu entwarfen. Sowohl in Bosnien wie in Siebenbürgen kommt aus neolithischer Zeit feine schwarze Thomvaare mit Spiralen und Thonfiguren vor und ebenso gröbere Waare mit Kreis-Ornamenten, die nicht (wie hier vermutet war) auf das Eindrücken von Metallröhren, sondern auf durchschnittene Rohrhalme oder Vogelknochen zu beziehen sind. Besonders charakteristisch seien — sagt A. Voss — Band-Ornamente in Zickzackform, die mit Strichen und Punkten ausgefüllt sind und in Bogen und Spiralformen übergehen. Auch Becher mit hohem Fass und rotem Überzüge müssten erwähnt werden. — Die Verhältnisse dort wenden sich unschwer an uralte Beziehungen zu den Phöniziern, worüber Undset wertvolle Abhandlungen schrieb. Das Spiral-Ornauient kehrt an den Stellen von Pesaro in Italien wieder, während Virchow es an transkaukasischen Bronzen nachwies. Wie Montelius hervorhebt, ist man in Europa nicht gewohnt, eine Steinzeit anzunehmen, wenn man das Spiral-Ornament findet. Aber die Bevölkerung Bosniens muss mit südöstlich wohnenden Kulturvölkern in Verbindung gestanden haben. Einige der Butmirer Scherben zeigten grosse Ähnlichkeit mit Thongefässen von Sicilien aus