Die Irrlichter und Irrwische.
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vormals alles sumpfiger war: Es gab auch Leute, die keine gesehen hatten, aber viele Leute haben mir als Augenzeugen von Irrlichtern berichtet. Nachdem ich so sehr viel von ihnen gehört hatte, beschloss ich selbst Irrlichter zu sehen. Ich bemerke, dass ich damals im Spreewald lebte, also vollauf Gelegenheit hatte, wie nur irgend jemand in der Welt, alles selbst zu prüfen, was ihn anging. Ich erkundigte mich sehr genau, wo in letzter Zeit wären Irrlichter gesehen worden und liess mir alle Umstände genau beschreiben. Dann ging ich selbst auf den Anstand auf Irrlichter. Es war spät im Herbst oder im Winter, aber vor Weihnachten und trübes, nebliges Wetter. Ich hatte einen langen dunklen Mantel an und auf dem Kopfe eine spitze rote Mütze von Wolle, wie sie die nordischen Bonden tragen, die ich mir aus Norwegen selbst mitgebracht. Auf der Brust trug ich eine kleine Blendlaterne, die ich jeden Augenblick verdecken konnte. Wenn Leute mich so in der Nacht durch das Sumpfland haben gehen und über die „Bänke“ der Fliesse haben steigen sehen, dann werden mich manche selbst für ein grosses Irrlicht gehalten haben. Mir waren viele der zahlreichen Gräben und Fliesse und Wasserlöcher dort wohl bekannt, so dass ich selbst in finstren Nächten ohne alles Licht im Spreewald umherging. Manchmal war ich abends, bis in die Mitternacht, in der schwarzen Ecke gewesen, beim alten Schichan auf dem Töpferberg, der mancherlei wusste von alten Zeiten. Andere Wenden kamen dann uocli herbei, wenn man wusste, ich war da, denn dann gab es gute Unterhaltung. Wenn ich dann glücklich durch die Finsternis nach Hause kam, fand ich den Wirt und die Wirtin noch auf. „Gott sei Dank,“ sagte der alte Mann, „dass Sie wieder da sind. Wir sind in grosser Sorge gewesen. ■ Nicht, dass Ihnen jemand was thun wird, Sie haben ja keine Feinde hier, aber die Sumpflöcher und das Wasser! Wie leicht kann da in der Dunkelheit ein Unglück geschehen. Na, nur gut, dass Sie wieder da sind. Nun wollen wir auch zu Bette gehen. Es ist schon spät und bei uns Bauersleuten heisst’s immer früh heraus. Also dobru noc!“ So wusste ich denn gut Bescheid. Trotzdem ging ich immer bei Tage dahin, wo man zuletzt Irrlichter gesehen hatte und wählte mir für die Nacht einen Standort aus.
Wie ich das erste Mal auf Lauer stand bei einem breiten Graben oder Fliess, sah ich bald weiterhin in der nebligen Luft ein schwach schimmerndes bläuliches Lichtchen. Erst stand es still, dann bewegte es sich hin und her. Bald zeigte sich auch noch ein zweites und beide bewegten sich etwas. Lange Zeit sah ich ihnen zu, dann kehrte ich heim froh Irrlichter gesehen zu haben. Am nächsten Tage vormittags eilte ’ich wieder nach jener Stelle, um die Sachlage zu prüfen und ob nicht Häuser dort gewesen und da fand ich, dass genau in der Richtung der erschauten Lichter die Fenster von zwei Häusern, nahe am Wasser