Heft 
(1896) 5
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18. (7. öffentl.) Versammlung des V. Vereinsjahres.

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das Kind auf die Aufforderung- der Maria (Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wiegen mein Kindelein u. s. w.). Zu den Gesängen, die zu diesen Bildern gesungen wurden, gehörten u. a. die Lieder Resonet in laudibus und Quem pastores laudavere. Namentlich das erstere scheint sehr verbreitet und so populär gewesen zu sein, dass nach seiner Me­lodie in der Reformationszeit protestantische und katholische Spottlieder gesungen wurden. Nach der Reformation erregten vielfach das Kindel­wiegen und ähnliche Gebräuche Änstoss, und der alte Gottesdienst wurde an den meisten Orten abgeschafft. König Friedrich Wilhelm I., welcher schon am 25. Februar 1733 manche Anklänge an den alten katholischen Gottesdienst untersagt hatte, verbot in der Kabinetsordre vom 23. De­zember 1739 ausdrücklich das Anlegen von Masken zur Darstellung des Engels Gabriel oder des Knechtes Ruprecht und das Quempassingen. Da aber Friedrich der Grosse duldsamer war als sein Vater, wie er denn durch eine Kabinetsordre vom 3. Juli 1740 die beim Gottesdienst trüber üblich gewesenen Cereinonieen wieder gestattete so wurde der Queinpas wohl an vielen Orten wieder eingeführt. Dem Vortragen­den waren als Städte, in denen der Q.uempas noch heute besteht, Sandau an der Elbe, Perleberg, Luckau und andere Orte der Lausitz, endlich Höxter bekannt. Aus eigener Anschauung berichtete er über den Quem- |>as in Sandau. Hier beginnt der Gottesdienst am Weihnachts-Morgen in aller Frühe, während draussen noch alles dunkel ist. Jeder der zahl­reichen Teilnehmer hat in der Hand ein brennendes Licht. Nach dem Liede:Vom Himmel kam der Engel Schaar wird dasResonet in lau­dibus gesungen. Zum Teil ertönt das alte lateinische Lied von der ganzen Gemeinde, zum Teil responsorienartig aus dem Munde der Jugend, welche, in drei Abteilungen geteilt, in der Richtung vom Turm nach dem Altar zu durch die Kirche zieht und unter welche vier Teile des Gesanges so verteilt sind, dass nach einander zuerst die drei Teile der männlichen Jugend und dann die auf dem Orgelchor befindlichen Mädchen allein singen. Früher endete die Prozession der Knaben auf bestimmten Chören; auf jedem derselben hatten sich diealten Herren eingefunden, die früher als Schulknaben zu diesem Chore gehört hatten; sie blieben ihm zeitlebens treu und fielen nun mit kräftiger Stimme in den Gesang- ein. Auf das Resonet in laudibus folgt die Sequenz Quem pastores laudavere. Unmittelbar au jede lateinische Strophe schliesst sich ein deutscher Text an, dessen erster Teil die zuerst in der Liedersammlung des Michael PraetoriusMusae Sioniae , I60o1610, sich findende XJeber- setzung der betreffenden Strophe des lateinischen Originals, dessen zweiter Teil dagegen je eine Strophe der deutschen Uebersetzung- eines andern als kirchlichen LiedesNunc angelorum gloria enthält. Letztere Uebersetzung stammt von Nicolaus Hermann (f 1561), die lateinischen Sequenzen dagegen wurden schon im 14. Jahrhundert gesungen. Auf