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18. (11. ausserofdentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
Erst seit wenig Tagen war es,
Dass der Star mit seinem Klopfen Ihm den Winterschlaf verscheuchte.
Nun besinnt er sich, der Alte,
Auf so manches, das er hörte,
Eh’ er einschlief. Plötzlich zuckt es Schmerzlich durch sein Mark und Herze: „Weh mir, weh! Die harten Menschen Drohen Tod mir und den andern Freunden rings im Garten! Wehe!
Schützt mich nicht vor’m Beile Meines Wuchses Kraft und Schöne,
Mein Geäst voll ungebrochner Zäher Jugendlust und Frische,
Meines Laubes dichte Wölbung?
Schützt mich nicht der Menschen Ehrfurcht Vor dem mühevollen Walten Der Natur, die mich mit Sorgfalt Durch Jahrhunderte gezogen?
Wolken barsten, mich zu tränken,
Stürme brausten, mich zu biegen,
Sonne lachte, mich zu küssen.
Nun erst rage ich zum Himmel,
Mir im Aether Wonne trinkend,
Nun erst rinnt das Mark im Stamme,
Stetes Wachstum noch verheissend,
Nun erst reicht die weite Wurzel Abwärts, nahe zu den Nornen!
Weh mir, weh! Die harten Menschen!“
Also tönt des Baumes Klage,
Und er reckt sich dann, das Taglicht Einmal noch zu schauen, ahnend Seines Lebens letzte Stunde.
Wehmutsvoll bedenkt der Eichbaum Dann den Inhalt seiner Tage,
Und er spricht: „Ach, wie so manches Wüsste ich den argen, harten Und mir doch so herzlich lieben Menschenkindern zu erzählen!“
Und er sinnt, und im Erinnern Kommt sein Gram zu stillem Frieden,
Und vergessen sind die Schmerzen. Philosophisch, wie ein echter Deutscher Träumer, träumt er also: Wunderlich ist’s um das Dasein So der Bäume, wie der Menschen.
Was sie sind, und was sie wurden,