Heft 
(1898) 7
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6 18. (11. ausserordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

Mit einem Sprung über fast tausend Jahre hinweg wurden wir an das Ende des 17. Jahrhunderts versetzt, um einen höchst wichtigen Moment der preussischen Geschichte wahrzunehmen:

Das Testament des Grossen Kurfürsten.

Andere Zeiten andere Herren!

Mächtgere sind hergekommen,

Und vor ihren scharfen Aexten Sanken Wälder hin und Menschen.

Wäre ich nicht deutscher Zunge,

Möchte ich mich wohl erkühnen,

Einzig als das Recht des Stärkren (Jenes schlechtsten aller Rechte),

Den Erfolg dahinzustellen.

Doch ich bin ein nationaler Baum; des Universums Unvolkstümliche Gesinnung Dünkt mich ungerecht und unklug.

Und so sei der Tag gesegnet,

Da von westwärts der Geimane,

Blondgelockt und hellen Auges,

Hier den Herrenstab ergriffen Und mit starker Faust und Rede Deutsche Sitte, Zucht und Glauben Hergepflanzt und grossgezogen!

Als ich wurde, als die Sonne Mich aus einer Eichel weckte,

Stand es schlimm in deutschen Grenzen;

Rauben, Brennen, Blutvergiessen Wütete seit dreissig Jahren,

Und verödet lag die Stätte,

Als die Glocken endlich Frieden Durch die totenstillen Lande Riefen. Jammervolles Deutschland!

Aber mit mir wuchs ein Jüngling;

Jahresringe zählt er zwanzig,

Da erstand dir, Brandenburgia,

Ein Erretter, ein Erbarmer In dem frühgereiften Manne.

Trösten, raten, helfen, spornen,

Pflanzen, bauen wie ein rechter Bessrer seines öden Hauses,

Wurde seines Lebens Inhalt,

Und er schloss die klugen Augen Erst, als seines Volkes Zukunft Sich ihm morgenrot verheissen.

Freilich, wenn die Fama recht spricht,