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19. (8. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

Kornblume eine Rolle gespielt. Man erzählt sich, dass die Königin einem armen, kleinen Mädchen nicht nur einen grossen Strauss solcher Blumen abgekauft und diesen Strauss dann ihren Söhnen gezeigt habe, sie wehmutsvoll an die im Jahre zuvor erfolgte Fahrt von Memel er­innernd; die Königin hat auch das kleine Mädchen, das Lizzi Belz hiess, liebevoll aufgenommen und dafür gesorgt, dass ihm und seiner Familie nach Möglichkeit geholfen wurde. — Die Kornblume wurde zunächst eine Lieblingsblume des Hohenzollern - Sprossen; aber allmählich ward sie eine Nationalblume der Deutschen. Es ist soeben ein Jahr gewesen, dass Berlin eine wahre Flut von Kornblumen — wenn auch nicht lebendige — in sich aufnahm. S. Z. Hess Kaiser Franz Josef bei der Drei Kaiser - Zusammenkunft, dem greisen Verbündeten zu Ehren, ein Regiment mit Kornblumen geschmückt ausrücken. Die Altmärker nennen die schönen blauen Blüten „Hungerblumen“ oder auch nur „Hunger“, und Baldamus schrieb — wie man sagt, mit mitleidigem Spott über unzulängliche Frauenarbeit u. s. w. —: „Was die Blumen im Korn, das seid ihr Frauen im Leben“. Wo es ohne Schaden geschehen kann, misst der Landmann die Kornblumen mit Stengel und Wurzeln aus; mitunter schimpft er noch dazu. Aber K a r l B e c k sagt von seinem geliebten Mädchen: Wie Blumen, die schlicht im Kornfeld blauen,

Bist, Liebling meiner Seele, Du!

Man feiert sie nicht mit Sclnneichelgriissen,

Gleich Rosen und Lilien am stolzen Fest;

Doch haben am liebsten zu ihren Füssen Die Lerchen ihr heiliges Sängernest.

Geehrte Anwesende! Die Lerchen bringen demnächst ihre Nester in Ordnung, und Sie alle können die Pflanzenwelt nun bald persönlich besser würdigen, als es in Wort und Schrift geschehen kann. Der Tier­garten arbeitet Tag und Nacht im Renaissance - Geschmack, und der Botanische Garten freut sich wie ein Philosoph der Gegenwart. In den "Vorgärten wickelt man die an peruanische Mumien erinnernden Magnolien-Ballen aus, und die Restaurateure geben Auftrag, den Garten hinauszubringen! d. h. die furchtbar elend und ruppig aussehenden Oleanderbäume in ihren giftgrünen Kübeln. Weiss Gott, was für Oleanderbäume Elszholtz hier in Berlin gesehen hat! Er führt zwar ausdrücklich an, dass etwa in Greta die Oleander so stark werden, dass man sie zu .Balken verwenden kann; aber er setzt hinzu: bei uns wird der Stamm „armsdick“.

Ich danke Ihnen, dass Sie sich so geduldig meiner Führung zwischen einigen Angehörigen der märkischen Pflanzenwelt überliessen; sicherlich wird hierzu von einem und dem andern noch manch’ interessanter Nach- trag geliefert werden. Im übrigen möge Ihnen allen zunächst ein köst­licher Frühling vergönnt sein!