Heft 
(1898) 7
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Bückerschau.

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wollten. Die letzten glänzenden Vertreter früherer Richtung, ein Alexander Braun, ein Alfons Decandolle, ein Parlatore, ein Boissier, sind mit dem Leben zugleich persönlicher Wissbegier entrückt worden. Fügt es sich nun nicht glücklich, dass in Professor Paul Ascherson für Deutschland und für Europa eine Kraft fortlebt, die, an die Traditionen einer ansprechenderen Vergangen­heit anknüpfend, auf einem ebenso interessanten wie an Schwierigkeiten reichen Felde Belehrung spenden will und kann? Noch erfreulicher mutet es an, dass der Genannte, den Berlin mit Stolz seinen Sohn und den Mit­bürger seiner Bewohner nennt, gegenwärtig die inhaltschwere Summe viel- jähriger in mehr als einem Weltteil gesammelter Erfahrungen zu einem Werke zusammenfasst, dessen Beginn in diesen Blättern von uns angekündigt worden ist. Über gedeihlichen Fortgang des Unternehmens weiter zu berichten, liegt uns heut als eine freudig zu erfüllende Pflicht ob.

Aus einem Synoptiker sind unterdes zwei geworden. In Erwägung des unendlich vor ihm angehäuften Materials hat sich dem Floristen des Kernes von Europa eine jüngere Kraft zugesellt, die unter seinem allereigensten Ein­fluss erwachsen und herangebildet, wesentlich die Sache zu fördern ver­spricht. Bei Linné und bei den Decandolles vererbte sich das botanische Studium in der Familie; hier findet es Fortgang und hülfreiche Ergänzung in einer Art wissenschaftlicher Adoption. Eine solche ist es, die in Herrn Dr. Paul Graebner dem älteren bewährten Forscher eine der Ebenbürtigkeit zustrebende frischere Persönlichkeit als Mitarbeiter zur Seite gesetzt hat.

Dank dieser Beihülfe ist die Mitteleuropäische Flora jetzt nicht nur bis zum Schluss des ersten Bandes vorgeschritten, sondern hat als Beginn des zweiten auch schon die umfangreiche Familie der Gramineen in Angriff ge­nommen. In dem uns vorliegenden Text nehmen die von der Zeitrichtung bevorzugten Coniferen die hervorragendste Stelle ein. Selbst ihrem Studium nicht ganz fremd, sprechen wir mit Bestimmtheit aus, dass uns hier eine Sachkenntnis und eine Gediegenheit der Behandlung begegnet, die an der Hand modernster Forschung sowohl den Kenner befriedigen muss, als sie auch dem Laien, der sich in Wald oder Garten orientiren will, vollste An­erkennung abnötigen wird.

Ausserordentlich bereichert, reiht sich den Nadelhölzern die weitver­breitete Gruppe der Potamogetonen, umringt von anderen Wassergewächsen, wie Alisma, Sagittaria, Hydrocharis, Elodea etc. an. Um wie zahlreicher und anschaulicher stellen sich nicht diese dem feuchten Element angehörigen Vegetationen dar, als sie beispielsweise von jenem Fahrzeug aus erschienen, auf welchem vor mehr als einem halben Jahrhundert unser Chamisso den Tegeler See oder die märkischen Altwasser der Oder, sie sammelnd und sichtend, durchfurchte:

Ces longues herbes , chevelure éparse du gouffre.

Und doch war der Verfasser des Schlemihl schon ein scharfer und trefflicher Beobachter gewesen; aber auf die Schultern wie Vieler konnte Ascherson seitdem steigen, um jene Höhe der Naturanschauung zu erreichen, von der herab er jetzt zu uns spricht.

Noch liegt vor ihm ein weiter Weg durch das Gebiet grade der schönstblühendsten Monokotyledonen. Noch warten auf seine Bearbeitung