38
Bücherschau.
Orchideen, Aroideen, Irideen, Amaryllideen, Floras Lieblingskinder. Durch das glänzende Chaos neuester Systematik und modernster Nomenklatur hindurch verspricht er, seinen Lesern den sicher leitenden Ariadnefaden in die Hand zu gehen.
Es sei wiederholt, was wir schon einmal aussprachen. Der Wissensdurst, auf das Pflanzenreich hin gerichtet, ist an der Scheide des Jahrhunderts ein brennender. Er ist von gleicher Stärke geblieben, wie er sich wenigstens anderthalb hundert Jahre rückwärts verfolgen lässt; allein die Mittel zu seiner Befriedigung haben kaum in gleichem Grade mit seiner Intensität Schritt gehalten. Man versuche zu sehen, ob bei Ascherson Remedur zu finden sei.
Nicht auf gelehrte Kreise allein beschränkt sich die Anteilnahme an der Pflanzenwelt. In den Schulen lehrt man über sie, erleichterte Bewegung des Menschengeschlechts im Freien, die Reiselust der Gegenwart, ja vielleicht selbst die schwindende Häufigkeit der wilden Gaben Floras wirken für eine günstige Stimmung. Das bürgerliche Leben, der Gartenkultur holder als sonst geworden, die schöne Litteratur, die Tagespresse reden in gleichem Sinne. Man braucht nicht zu J. J. Rousseau und Ewald von Kleist zurück- zugreifen, um das zu verspüren, was unsere Nachbarn le sentiment du vert genannt haben. Von G. Sand und Kingsley bis Jensen und bis zur Schubin begegnen wir dem Geruch heimischer Ackerkrume und dem Blumenduft vaterländischer Kelche, der da doppelt empfunden wird, wo dem Naturgenuss exaktere Kenntnis, auch der Namen unserer Lieblinge, sich zugescllen darf.
Gesteht nicht Schopenhauer selbst, gelegentlich botanisiert zu haben? Hat nicht General Görgey unter dem Kanonendonner der Wälle Ofens wilde Blumen gesammelt? Wer in Feld und Garten die Pflanzen mit Namen zu nennen weiss, der ist immer noch ein gesuchter Mann. Besonders haben unsere Damen noch heut etwas von jener verführerischen Neugier, die Rahel bedauern liess, dass der geniale Alexander von der Marwitz der letzte ihrer Bekanntschaft gewesen sei, der von solchen Dingen etwas verstanden habe.
Obiges mag dem Gedächtnis zurückgerufen werden in der Absicht, einem weiteren Leserkreise als dem scientifischen, Aschersons neueste Publikation zu empfehlen. Wenn sie einerseits den strengsten Anforderungen einer fast pedantisch gewordenen Fachwissenschaftlichkeit volles Genüge leistet, so beut sie nicht minder dem botanophilen Liebhaber dankenswerte und selbst schwächerem Verständnis zugängliche Hülfe, allerdings nicht in der Form leichter Lektüre, wohl aber als ernste Einführerin in die Mysterien der vaterländischen Flora dar.
Gustav Weisker. Slavische Sprachreste, insbesondere Ortsnamen, aus dem Havellande und den angrenzenden Gebieten. II. Teil. Progr. des Real - Progymnasiums zu Rathenow 1890. Als Fortsetzung seiner 1890 veröffentlichten Abhandlung giebt W. Deutungen slavischer Formen unter folgenden Überschriften: Benennungen nach Tieren, Fischfang, Bienenzucht, Siedlungsverhältnisse, Menschliche Beziehungen, Beziehungen zu höheren Wesen, Farben, Sonstige Eigenschaften.
Wie aus dem Titel hervorgeht, versucht der Verfasser nicht blos Ortsnamen einer Deutung zu unterwerfen, sondern er trägt aus allen möglichen