2. (1. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
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Alexanderplatz auf das dortige Arbeitshaus übertrug (das letztere wurde in unserer Zeit abgebrochen, um dem Neubau des Polizei - Präsidiums Platz zu machen).
1727 wurde auf Königlichen Befehl mit dem Hospital ein Bürgerlazarett verbunden, das zugleich mit dem Garnisonlazarett zur Ausbildung von Chirurgen dienen sollte. Der König gab dabei der Anstalt den Namen „Charite“; es sollte „ein öffentliches Werk der christlichen Liebe, Gutthat und Müdigkeit“ sein.
Auf die Spezialgeschichte der Anstalt will ich liier nicht eingehen; die ist in der offiziellen Festschrift für die 59. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 1886, S. 349—379 ausführlich beschrieben. Nur bezüglich der Baugeschichte sei hier noch bemerkt, dass der ursprüngliche Bau von 1710, ein dreistöckiges vierflügeliges einfaches Haus, in dem 1785 begonnenen viel grösseren Neubau aufgegangen ist, welcher letztere in nächster Zeit wieder eine grosse Veränderung erfahren dürfte. Um dem steigenden Bedürfnis zu genügen, wurde 1881 ein zweites grosses Gebäude innerhalb des Parks „die neue Charite“ erbaut, ebenso 1837 ein Gebäude für Pockenkranke, 1851 das „Sommerlazarett“, 1856 das von Virchow geleitete pathologische Institut.
Der bevorstehende, zum Teil schon begonnene, gänzliche Umbau der Charite-Anlage hat dem Mark. Museum Veranlassung zur Fixiening des bisherigen Bildes dieses Stadtteils in 9 photographischen Aufnahmen von verschiedenen Seiten aus gegeben.
Auch an dem entgegengesetzten Ende der Nordseite der Friedrich Wilhelmstadt vollzieht sich eine grosse bauliche Veränderung. Die „Reitende Artillerie-Kaserne“,
wie das Gebäude auf der westlichen Seite der Friedrichstrasse am Oranienburger Thor nach einer früheren Inschrift hiess, wird modernen Bauten Platz machen. Dieses Gebäude war unter Friedrich II. in schlichter Kasernen-Art erbaut; in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhielt es einen ornamentalen Portalvorbau im griechischen Stil mit 3 Reliefs, verschiedene artilleristische Übungs-Scenen darstellend, __ sowie mit obiger Inschrift, die aber seit einigen Jahren beseitigt wurde, wohl weil der Volkshumor darin einige Nahrung fand. Auch von dieser Kaserne lege ich einige Photographien vor.
10. Vortrag des Herrn Dr. Max Friedländer: „Über deutsche Volkslieder“. Der Vortragende charakterisiert zuerst die Versuche der Dichter und Litterarhistoriker, eine Definition des Begriffes „Volkslied“ zu geben. Das Volkslied entsteht im Volke und lebt im Volke, ohne dass jemand den Dichter und Komponisten nennen kann. In der ältesten Zeit waren Lieder und Melodien allgemeiner verbreitet und herrschender als heutigen Tages- Im Mittelalter waren es hauptsächlich die fahrenden Spieler, welche die Lieder verbreiteten. Die Zeit der