Heft 
(1898) 7
Seite
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3. (2. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

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heute unter uns begrüssen, desgleichen aus der ausgelegten Bauzeichnung. Audi die innere Konstruktion können Sie aus den vorliegenden Aufrissen und Querschnitten entnehmen.

Die im Leichenkeller gesammelten Brandkisten werden hydraulisch in das obere Stockwerk gehoben und auf einen eisernen Wagen gesetzt, auf dem zwei hölzerne Leisten stellen. Dann wird die Kiste in den bereits ungeheizten Ofen, der es bis ca. 1000 ° C bringt, geschoben, wobei die erwähnten 2 Leisten mit in den Ofen kommen. Sie verbrennen zwar mit, sind aber derartig mit Wasser getränkt, dass sie erst dann zerfallen, wenn die Kiste mit den Leiclienteilen bereits nahezu verzehrt ist. Dadurch wird verhindert, dass die Leichenkiste schief fällt und befördert, dass die Flamme auch den Boden der Kiste bestreicht.

Eine Verbrennung dauert eine Stunde, die folgende weniger, sodass es zuletzt gelingt, eine Kiste in rund 30 Minuten einzuäschern. Das Verbrennen geschieht mit gesiebtem Kokes von oberschlesischen Stein­kohlen aus den städtischen Gaswerken. Die Stücke sind faustgross. In­folge des guten Brennstoffs und der vorzüglichen Zugkraft des Ofens entwickelt sich kein Dampf im Schornstein, die Bauchverzehrung ist vielmehr eine vollständige. Dass dabei absolute Geruchlosigkeit herrscht, ist selbstverständlich. Man kann die Nase dicht an die Gucklöcher bringen, durch welche man in den feurigen Ofen blickt, und man wird auch nicht den allergeringsten Geruch wahrnehmen.

Ich lege Ihnen zur Würdigung vor die Knochenkohle und Aschen- reste, welche bei den ersten zwei Einäscherungen in dem neuen Städtischen Verbrennungsofen gesammelt sind. Sie ähneln sehr den aus den vorgeschichtlichen Brandgräbern der Völkerwanderungszeit bekannten Leichenbrandresten, welche in Urnen, mitunter auch ohne solche (wahr­scheinlich in vergangenen Beuteln) verwahrt gewesen sind, und von welchen ich Ihnen Proben aus einer germanischen Aschenurne vorlege. Gegenwärtig, wo noch stärkere Glut angewendet wird, sind die Leichen­brandrückstände entsprechend geringer, etwa so, wie in der Zeit der ostgermanischen Brandgräber, ca. 500 v. Chr., wo man auf die intensivere Verbrennung im Allgemeinen grössere Sorgfalt als in der Völker- 'vanderungszeit zu verwenden pflegte.

Durch Nachlässigkeit kommen mitunter unter den Leichenresten fremde Sachen in die Brandkiste und werden alsdann der Glut ebenfalls ausgesetzt; so sehen Sie hier weissliche und bräunliche Glasgefässreste, "eiche auf diese Weise den Ofen passiert haben.

Die Verbrennungsrückstände, meist Knochenteilchen, werden aus­gesondert und in der Erde vergraben. Diese Rückstände haben durchaus nichts Abstossendes und sind nur selten noch als solche, welche von Menschen herrühren, zu erkennen.