Kleine Mitteilungen.
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„Chronik der Stadt Bernau“) durch den Barbier und Chirurgus Nicolai in der Wohnung des Postmeisters Gliszcynski, Berlinerstr. 123, amputiert.
Die beiden abgenommenen Glieder hat Nicolai jahrelang sorgfältig auf bewahrt und sic dann 1823 an den Prinzen gesandt, worauf er alsbald ein gnädiges Dankschreiben und 2 Friedrichs’dor erhielt. Als Wilhelm I. als Prinz von Preussen im Jahre 1844 mit seinem königlichen Bruder und dessen Gefolge die Stadt Bernau zu Fuss durchschritt, um die altehrwürdige Stadt- kirche in Augenschein zu nehmen, kam er auch durch die Berliner-Strasse; er erkannte sofort das Haus No. 123 wieder und äusserte zu seinem neben ihm herschrcitenden Begleiter, dem Katsmann und Schlächtermeister Willmann aus Bernau, dass dieses Haus in ihm eine schmerzliche Erinnerung wachrufe.
Selbst noch im Jahre 1882 beauftragte der Monarch den Kronprinzen, sich beim Besuch des Hussitenfestes in Bernau nach dem Hause sowie nach etwa vorhandenen Nachkommen jenes Postmeisters und des Chirurgen zu erkundigen.*) O. Monke.
Der Totschlag bei Ützdorf (Bernau). Am Wege, der von Ützdorf am Forsthause vorüber nach Bernau resp. nach Schönow führt, befindet sich eine viertel Stunde von Ützdorf in der Lanker Forst eine Stelle, die sowohl vom Volksmunde als auch auf einigen Karten (jedoch nicht auf der Generalstabskarte) als der „Totschlag" bezeichnet wird. Das Gestell in der Nähe heisst bei den Bewohnern von Ützdorf und Lanke das Totschlagsgestell Nicht weit davon schneidet das Prinzengestell (am Kilometerstein 7,2 von der Lanker Chaussee abgehend) den genannten Weg.
Dort am Totschlag wurde der Sage nach vor langen Jahren ein Jude von zwei aus Schönow stammenden Burschen erschlagen und beraubt.
Vorübergehende warfen, „um die Stelle zu bezeichnen“ und „um die Erinnerung an die grausige That wach zu halten“, Reisig auf den Weg. So bildete sich bald mitten im Fahrwege ein grosser Reisighaufen.
Weil sich aber die Leute, besonders die Kinder, die der Weg dort vorüber führte, oft fürchteten, hat man das Reisig schliesslich einmal angezündet und verbrannt.
So erzählte der Gastwirt Bartusch die Sage. Er selber hat, wie er sagte, in seiner Jugend noch Zweige auf den Haufen geworfen; sein Vater aber hat das Reisig verbrannt.
Der Umstand, dass an der Stelle ein Jude erschlagen sein soll, erinnert an die bereits früher („Brandenburgia“ VI, Jahrg. Nr. 5, S. 178) mitgeteilte Sage vom Judentotschlag bei Grimnitz. Dort freilich ist der „tote Mann“ noch vorhanden — er liegt eben weiter ab von der grossen Heerstrasse
*) Karl Friedrich von Gräfe, geb. 8. März 1787 zu Warschau, 4. Juli 1840 in Hannover, Generalstabsarzt der Preuss. Armee, berühmter Chirurg, Vater des nicht minder geschätzten Augenarztes v. Gräfe, dem das Denkmal vor dem Kgl. Charite- Gebäude gewidmet ist, verfasste im Jahre 1827 eine bei Dietrich Reimer in Berlin erschienene Abhandlung unter dem Titel: Merkwürdige Heilung einer Schusswunde, worin der Jagdunfall Kaiser Wilhelms des Grossen und die damit verbundenen Umstände beschrieben worden.