Heft 
(1898) 7
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5- (3- ausserordentliche) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

Sonnabend, den 18. Juni nachmittags 5 Uhr Besichtigung des Schlosses von Charlottenburg.

Eine ungewöhnlich grosse Zahl von Mitgliedern hatte sich im Vestibül des Gebäudes versammelt. Nachdem der erste Vorsitzende, Herr Oberbürgermeister Zelle die Erschienenen in einer kurzen Ansprache begrüsst hatte, erteilte er Herrn Custos Buchholz zu folgenden Aus­führungen das Wort:

Schloss Charlottenburg.

Die Stelle dieser Königlichen Residenz war vor 204 Jahren noch eine namenlose Wildnis, ein Teil des grossen zusammenhängenden Wald­reviers, von dem heute noch der Tiergarten und der Grunewald übrig geblieben sind. Eine menschliche Niederlassung hat hier weder in geschichtlicher noch in wendischer Zeit bestanden; nur von einer Theer- schweelerei wird berichtet, die bei der Vorbereitung des Geländes für den Schlossbau im Jahre 1695 mit den Waldbäumen zugleich beseitigt wurde.

Wohl aber kann man eine längere Besiedelung in einer fast 2000 Jahre zurückliegenden Zeit annehmen, deren Überreste in Gestalt altgermanischer Brandgräber bei den Erdarbeiten zum Schlossbau ge­funden wurden. Der Bericht über diese Funde hat ein weiteres Interesse:

Man fand (wie der Chronist Bekmann schreibt)einige Toten­töpfe mit Asche und Knochen, zum Beweis, dass hier der Ort gewesen, wo die alten heidnischen Einwohner ihr Begräbnis gehabt, mithin auch der Ort Lietzo nicht erst in neuerlichen Zeiten erbauet worden, sondern schon zu der Wenden Zeiten gestanden und vermuthlich von den hierherum damals häufig anzutreffenden Füchsen den Namen bekommen. Denn dieses Thier heisset in der wendischen Sprache Lis oder Lietz. Es findet sich in der Sprache auch das Wort Lice und bedeutet eine Lekke, woraus sich dann auch folgern Hesse, dass in dieser Gegand ein Stand von Hirschen gewesen, denen man eine Salzlekke hier gehabten und woselbst man gewöhnlichermassen Hirschjagden angestellet.

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