Heft 
(1898) 7
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5. (3. ausserordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

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Im Jahre 1704 gelang es Eosander v. Göthe, sich hei der Königin einzuführen und Schlüter zu verdrängen. Nach Eosanders Vorschlägen, die darauf abzielten, den Charakter einer Königlichen Residenz mehr in die Augen treten zu hissen, wurde im wesentlichen das Vestibül an der Südseite (Hof) angelegt und so, wie es noch besteht, mit dem hohen Kuppelturm gekrönt. Wahrscheinlich ist es auch, dass Eosander der Kapelle ihre jetzige Gestalt und Grösse gegeben hat; der innere Schmuck derselben ist zweifellos von ihm entworfen. Diese Ver­änderungen hatte die Königin noch im Winter 1704/5 mit Eosander projektiert. Sie erlebte aber die Ausführung nicht mehr, da sie am 1. Febr. 1705 starb. Pietätvoll befahl der König die Ausführung der Projekte der verewigten Königin und so wurden dieselben in den Jahren 1705 und 1706 durch Eosander verwirklicht.

Eine weitere Vergrösserung erfuhr das Schloss in den Jahren 17091711, indem derselbe Baumeister an den westlichen Schlossflügel die 155 in lange Orangerie anbaute.

Friedrich der Grosse liess zu Anfang seiner Regierungszeit das neue Schloss, den nach Lage und Länge der Orangerie entsprechenden Anbau auf der östlichen Seite durch Knobelsdorf erbauen.

1788 endlich wurde durch Langhans das Theater am Ende der Orangerie und dasBelvedere im Park erbaut, beides nach den be­sonderen Bedürfnissen Friedrich Wilhelms II., der zugleich für die Gräfin Lichtenau (Rietz) die benachbarte Eckardtsteinsche Villa an der Spree, auf der Stelle des jetzigen Flora-Etablissements, kaufte.

Mit den an dieses Residenz-Schloss sich anknüpfenden Hof- und landesgeschichtlichen Erinnerungen darf ich der Einzelbesichtigung nicht vorgreifen. Soweit die Zerstörungen und Beraubungen seitens der Österreicher im Jahre 1760 und seitens der Franzosen in der Okkupations­zeit wieder ergänzt und ersetzt worden sind, werden Sie die Räumlich­keiten und das Mobiliar der in Betracht kommenden Fürstlichkeiten noch so ziemlich in dem ursprünglichen Zustande sehen.

Nur allgemein möchte ich zusammenfassen, dass die ersten 6 Könige hier viel und gerne geweilt haben, dass dies namentlich der Lieblings­aufenthalt war der beiden gefeiertsten Frauen auf dem Preussischen Thron, derphilosophischen Königin Sophie Charlotte und der Königin Luise, die leider beide das harte Los traf, im blühensten Frauenalter im 37. Lebensjahre sterben zu müssen, beide fern von diesem Lieblingsaufenthalt, beim Besuch des elterlichen Hauses Hannover bezw. Strelitz-Hohenzieritz.

Nach diesen Erläuterungen begann der Rundgang durch die Räume des Schlosses. Wir betraten vom Vestibül aus denGarten-Salon, in dem sich die 1827 von Wichmann gefertigte, die sitzende Kaiserin